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Die FAZ berichtete am Dienstag, dass die Informationen von der Credite Suisse kommen könnten.

Foto: APA/dpa/Rumpenhorst

Die Absicht Deutschlands, gestohlene Daten Schweizer Bankkunden für die Suche nach Steuersündern zu kaufen, hat die Berner Parlamentsdelegation für die Beziehungen zum Deutschen Bundestag auf den Plan gerufen. Ihr Präsident, Ständerat Maximilian Reimann, will eine Aussprache führen. Ein Treffen mit Vertretern des deutschen Parlaments solle möglichst bald und noch in der ersten Jahreshälfte stattfinden, und zwar in Deutschland, sagte Reimann am Dienstag gegenüber Schweizer Radio DRS. "Diese Hehlerei vonseiten Deutschlands beschäftigt uns." 

"Moderne Form von Banküberfall"

Der Schweizer Nationalrat Pirmin Bischof (CVP) sieht darin eine "moderne Form von Banküberfall" und fordert, dass der Tatbestand der Bankgeheimnisverletzung "allenfalls schärfer geahndet" werden müsse. Außerdem sei im Strafrecht "allenfalls eine Ausweitung bei Vermögensdelikten auf Datendiebstahl und Hehlerei nötig", sagte der Abgeordnete der Christlichdemokratischen Volkspartei zur "Basler Zeitung". Dass in Zukunft andere Länder bewusst Leute für solche Zwecke in Schweizer Banken einschleusen könnten, hält er für möglich. "Derzeit haben wir aber keine Indizien, dass solches bisher geschah. Auch nicht im jüngsten Fall mit Frankreich."

Alle in der Schweizer Regierung (Bundesrat) vertretenen Parteien hatten Deutschland am Montag wegen des geplanten Kaufs von gestohlenen Bankkundendaten (siehe Artikel) scharf kritisiert. Die Parlamentarierdelegation war bereits im vergangenen Jahr nach Berlin gereist, nachdem Aussagen des damaligen deutschen Finanzministers Peer Steinbrück zum Schweizer Bankgeheimnis und Steuersündern das Verhältnis Deutschlands und der Schweiz belastet hatten. 

Schweizer Bankkunden verunsichert

Unterdessen räumen laut NZZ diverse Schweizer Bankenvertreter ein, dass die Debatten rund um den Bankenplatz Schweiz zu einer Verunsicherung der Kunden geführt haben. Vor allem die Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA und die Lockerung des Bankgeheimnisses in bestimmten Fällen setze dem Markt zu. Im vergangene Jahr sollen ausländische Anleger rund 80 Milliarden Franken (rund 54 Milliarden Euro) aus der Schweiz abgezogen haben.

"Bei uns laufen die Telefone heiß", sagte am Dienstag ein Berater bei einer ausländischen Privatbank, der vor allem vermögende Deutsche betreut. "Die Kunden sind besorgt, ob auch sie von der Datenaffäre betroffen sein könnten." "Ich hatte in den letzten Tagen Telefongespräche mit sechs verängstigten Kunden, die wissen wollten, wie sie sich verhalten sollen," sagte ein bankenunabhängiger Vermögensverwalter.

Neue Spekulationen gab es auch darüber, von welcher Bank die Daten stammen. Die FAZ berichtete am Dienstag, dass die Informationen von der Credite Suisse kommen könnten.

Deutscher  Fiskus: Bankdaten rasch kaufen

Die deutschen Steuerbehörden wollen den Kauf der gestohlenen Bankdaten jedenfalls zügig über die Bühne bringen. Finanzminister Wolfgang Schäuble rechnet damit, dass die Prüfung der rechtlichen Fragen bald abgeschlossen ist. "Ich gehe davon aus, dass das nicht mehr ewig dauern wird", sagte sein Sprecher Michael Offer am Dienstag.

Am frühen Nachmittag hat Schäuble den Ankauf der umstrittenen Steuerdaten laut einem Vorab-Bericht der "Augsburger Allgemeinen" dann auch tatsächlich freigegeben. "Im Prinzip ist die Entscheidung gefallen", sagte der CDU-Politiker. Der Fall sei rechtlich ähnlich gelagert wie die Affäre um Liechtensteiner Stiftungskonten vor zwei Jahren, bekräftigte er. "Wir konnten deshalb gar nicht anders entscheiden." Er verwies dem Vorabbericht zufolge darauf, dass bisher kein Gericht in Zusammenhang mit den Liechtensteiner Konten ein Beweismittelverwertungsverbot ausgesprochen habe und dem Ankauf aus Sicht des Bundesfinanzministeriums damit rechtlich nichts entgegenstehe.

Die Mehrheit der Deutschen ist für einen Kauf der Steuersünder-CD. Nach einer Umfrage für das Magazin "Stern" sind 57 Prozent der Bürger dafür, dass der Fiskus zugreift. 43 Prozent lehnen den Handel ab. 

CDU gespalten

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im deutschen Bundestag, Siegfried Kauder, warnte seinen Parteikollegen, Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) davor, die Schweizer Kontodaten anzukaufen. Seiner Einschätzung nach "wären die Kontodaten in einem Strafprozess gegen betroffene Steuersünder nicht verwertbar", sagte Kauder der "Neuen Osnabrücker Zeitung. Steuern dürften nicht beigetrieben werden, indem die Finanzbehörden sich einer Hehlerei schuldig machten. "Der Staat würde sich auf juristisch außerordentlich vermintes Gelände begeben", sagte Kauder. Davon könne er "nur dringend abraten."

Die Berufung der deutschen Regierung auf den früheren Daten-Ankauf in der Liechtenstein-Affäre hält Siegfried Kauder nicht für überzeugend. Der Hinweis, dass Finanzminister Steinbrück (SPD) damals Bankdaten gekauft hat, sage nichts über die Rechtmäßigkeit des Erwerbs aus.

Ob es allein durch die Diskussion der letzten Tage bereits zu vermehrten Selbstanzeigen von Steuersündern gekommen sei, dazu gab der deutsche Fiskus keine Auskunft. Das Finanzministerium hatte allen Bürgern mit schlechtem Gewissen diesen Schritt empfohlen, um straffrei bleiben zu können.

BZÖ fordert für Österreich "Hehlereiverbot"

Und die Diskussion schwappt auch bereits nach Österreich über: BZÖ-Wirtschaftssprecher Robert Lugar forderte am Dienstag für Österreich ein "Hehlereiverbot für den Staat und damit eine klare gesetzliche Regelung". Es gebe derzeit auch in Österreich eine rechtliche Grauzone, wo es zwar ein Verwertungsverbot für illegale Beweise gebe, wobei diese in der Praxis aber seitens der Justiz üblicherweise nicht abgelehnt werden. Das BZÖ will nun in einer der nächsten Sitzungen des Nationalrates einen entsprechenden Antrag einbringen.

Juristisch betrachtet würde es sich beim Ankauf der Daten-CD allerdings gar nicht um "Hehlerei" handeln. Als solche zählt nämlich - sowohl in Österreich als auch in Deutschland - nur der Verkauf gestohlenen Vermögens. Kundeninformationen von Banken gelten laut dem Wiener Steuerrechtler Werner Doralt weder als Vermögen, noch können sie gestohlen werden. (red/APA/Reuters)