Islamabad/Kabul/Riad - Vor dem Hintergrund möglicher Verhandlungen der afghanischen Regierung mit extremistischen Taliban hat sich nun auch Pakistan in die Debatte eingeschaltet. Pakistan bemüht sich nach Angaben aus dem Außenministerium in Islamabad auf Bitten der USA und Afghanistans um die Vermittlung von Friedensgesprächen mit den Taliban. Der afghanische Präsident Hamid Karzai brach am Dienstag nach Saudi-Arabien auf, wo er mit König Abdullah den "afghanischen Plan der Versöhnung" mit den Aufständischen besprechen will. Bisher lehnen die Taliban Verhandlungen ab.

"Wir haben beträchtlichen Einfluss auf die Taliban und werden unsere Rolle dabei spielen, Frieden in Afghanistan zu sichern", sagte ein hochrangiger pakistanischer Diplomat, der anonym bleiben wollte, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Islamabad. Pakistan sei auf der Afghanistan-Konferenz Ende Jänner in London hinter geschlossen Türen gebeten worden, eine Vermittlerrolle zu übernehmen. Der Diplomat war Teil der pakistanischen Delegation bei der Konferenz.

"Wir wollen, dass irgendeine Art von Prozess sobald wie möglich beginnt", sagte der Diplomat. Konkrete Formen solle dieser Prozess dann annehmen, bevor Mitte nächsten Jahres der von den USA angekündigte Truppenrückzug aus Afghanistan beginnen soll. Pakistan wolle noch vor einer für April geplanten Afghanistan-Konferenz in Kabul konkrete Vorschläge vorlegen. Sollten die Taliban Flexibilität und Kompromissbereitschaft zeigen, "dann wäre der US-Abzug viel früher als von jedem erwartet möglich". Das hätten die USA den Pakistanis übermittelt.

Der Diplomat sagte weiter, Pakistan sei gebeten worden, sich bei den Vermittlungen auf die zweite Führungsebene zu konzentrieren, um die Spitze um Taliban-Chef Mullah Omar zu isolieren und verwundbar zu machen. Trotz Sympathie für Mullah Omar "werden wir nicht zögern, ein Abkommen auszuhandeln, das Pakistans strategische Langzeit-Interessen in Afghanistan gegenüber Indien sichert". Die Regierung in Kabul, aber auch westliche Staaten haben dem pakistanischen Geheimdienst ISI immer wieder vorgeworfen, die afghanischen Taliban insgeheim zu unterstützen. Der Führungsrat der Taliban unter Mullah Omar wird in Pakistan vermutet.

Der pakistanische Diplomat sagte weiter, Bemühungen Saudi-Arabiens, zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung zu vermitteln, seien festgefahren. Die Saudis würden von den Taliban verlangen, sich vor Friedensverhandlungen vom Terrornetz Al Kaida loszusagen. Die Regierung des Königreichs wolle außerdem ein offizielles Verhandlungsmandat der afghanischen Regierung.

Der afghanische Präsident Hamid Karzai brach am Dienstag zu einem Besuch nach Saudi-Arabien auf. Ein Sprecher Karzais teilte mit, bei dem Treffen des Präsidenten mit dem saudischen König Abdullah werde es unter anderem um den "afghanischen Plan der Versöhnung" mit den Aufständischen gehen. Karzai hat die Taliban-Führung bereits mehrfach zu Gesprächen aufgefordert. Karzai macht wiederum zur Voraussetzung, dass die Aufständischen die Verfassung akzeptieren und sich von Al Kaida distanzieren.

Innerhalb der Staatengemeinschaft setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Verhandlungen zur Lösung des Konflikts notwendig sind. Allerdings heißt es, die Afghanen müssten die Führungsrolle bei Gesprächen mit der Taliban-Spitze selber übernehmen. Die Staatengemeinschaft will aber Programme finanzieren, mit denen einfache Taliban-Kämpfer zum Ausstieg bewogen werden sollen.

Im Süden Afghanistans ist ein mit Staatschef Hamid Karzai befreundeter Stammesführer getötet worden. Bewaffnete Motorradfahrer hätten den 35-jährigen Stammesführer Mohammed am Dienstag in der Unruheprovinz Kandahar erschossen, sagte Ahmed Wali Karzai, ein jüngerer Bruder des Präsidenten. "Er war ein sehr enger Freund von mir und ein sehr enger Freund des Präsidenten". Mohammed habe zwar keine offizielle Funktion ausgeübt, sei aber ein einflussreicher Stammesführer gewesen. Über die Verantwortlichen für den Angriff wollte der Präsidentenbruder nicht spekulieren. (APA/AFP)