Berlin/Zürich/Wien - Die Debatte rund um den Ankauf der Steuersünder-CD durch Deutschland hat auch Österreich erreicht. "Sollte es Hinweise darauf geben, dass sich auf der CD auch Informationen über Steuerflüchtlige aus Österreich, befinden hätten wir natürlich großes Interesse an einer Auswertung", sagt ein Sprecher von Finanzminister Josef Pröll zum Standard. Juristisch gesehen besteht bei der Datenauswertung in Österreich kein Problem, selbst der Ankauf wäre legal, meinen die Strafrechtler Robert Kert und Helmut Fuchs.

Die CD soll Informationen über 1500 Steuerhinterzieher enthalten, die Daten könnten von der HSBC oder Credit Suisse stammen. Sie wurde für 2,5 Millionen Euro angeboten. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble hat bereits angekündigt, die Daten zu kaufen. Sollten auf der CD Österreicher erwähnt werden, müssen diese Daten an Wien weitergegeben werden. Der Fall sei ähnlich gelagert, wie der Erwerb einer CD im Zuge der Liechtensteinaffäre, "wir konnten deshalb gar nicht anders entscheiden", sagte Schäuble. Die Karlsruher Höchstrichter prüfen derzeit, ob der Ankauf damals legal war.

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Wien - Darf der Staat rechtswidrig heruntergeladene Informationen über Steuerflüchtige kaufen? Die zum Teil heftig geführte Auseinandersetzung ist inzwischen auf Österreich übergesprungen. Aus juristischer Sicht fällt die Antwort der Experten eindeutig aus:Ja, Österreich dürfte kaufen und die Informationen in allfälligen Strafverfahren verwenden.

Denn die Republik würde dabei nicht als Hehler auftreten und laut Strafrechtlern auch sonst kein Verbrechen begehen.

Hehlerei begeht laut Strafgesetzbuch, "wer den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen" unterstützt, dieses zu verbergen oder zu verwerten. Daten gelten allerdings nicht als Vermögen, sagen die beiden Wiener Strafrechtler Helmut Fuchs und Robert Kert übereinstimmend. Datenklau ist juristisch gesehen auch kein Diebstahl. Denn in Österreich wie in Deutschland gilt, dass nur körperliche Gegenstände gestohlen werden können.

Welches Delikt kommt sonst infrage? Laut Kert keines. Das illegale Herunterladen von Daten selbst sei natürlich strafbar (etwa widerrechtlicher Zugriff auf ein Computersystem, Auskundschaften von Geschäftsgeheimnissen). Wer die Informationen aber nach der Tat kauft, begehe kein Verbrechen. Aber sogar wenn der Staat rechtswidrig handeln würde, könnte er die Daten nutzen. Dem österreichischen Recht sind nämlich so genannte Beweisverwertungsverbote fremd.

Verwendung von Beweisen

Bei dem sperrigen juristischen Begriff geht es um die Frage, ob rechtswidrig erlangte Beweismittel vor Gericht benutzt werden können. In den USA gilt der strenger Grundsatz des "Fruit of the poisonous tree" (Früchte des vergifteten Baumes): Wurde ein Beweis von der Polizei in rechtswidriger Weise gewonnen, könne dieser vor Gericht nicht verwendet werden. Bekanntes Beispiel war der Fall von O. J. Simpson. In Österreich dagegen ist die Verwertung von Beweisen nur dort verboten, wo das Gesetz dies ausdrücklich verlangt, etwa bei widerrechtlichen Untersuchungen am Körper.

Dass der Kauf der Daten nicht rechtswidrig wäre, glaubt man auch im Finanzministerium. Die konkrete Frage, ob Österreich geklaute Bankdaten kaufen solle, habe sich noch nie gestellt, heißt es.

Im Zuge der Liechtensteinaffäre, tauchten auf der von den deutschenBehörden erworbenen CD auch die Namen von rund 170 Österreichern auf. Die Deutschen gaben die Daten weiter. Die anschließenden Finanzstrafverfahren vor Gericht waren gänzlich unproblematisch, weil Österreich die Infos von Deutschland bekam.

Im Wiener Finanzministerium heißt es auch diesmal, es bestehe Interesse an der CD, sollten sich Hinweise ergeben, dass es auch Informationen über österreichische Steuerflüchtige gibt. Sollte dies der Fall sein, müsse Deutschland Amtshilfe leisten, heißt es auch aus dem Büro von Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ). Das muss Deutschland übrigens sowieso: Laut EU-Amtshilferichtlinie sind alle Unionsländer zum Informationsaustausch über Steuerflüchtige verpflichtet. (András Szigetvari, DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2010)