Die Vorwürfe gegen Ex-Geschäftsführer Michael Dewitte sind massiv: Horrende Zahlungen an sich und andere.
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Salzburg - Am Dienstag übergaben die Prüfer der Mitte Dezember beauftragten Audit Services Austria Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SP) ihren Endbericht über die Gebarung der Osterfestspiele. Auf Basis der Ergebnisse erstellte der Anwalt Peter Raue, interimistischer Geschäftsführer des Festivals, eine Sachverhaltsdarstellung, die bereits der Staatsanwaltschaft übermittelt wurde.
Diese Anzeige umfasst mehrere Punkte. Der Mitte Dezember gefeuerte Geschäftsführer Michael Dewitte hätte sich Gehaltssteigerungen genehmigt, "ohne dass dafür eine vertragliche Grundlage ersichtlich ist" . Zudem hätte er Sponsorgelder einbehalten (wiederum ohne Rechtsgrundlage) sowie Reise- und Bewirtungskosten verrechnet, die gegen das Gebot "sparsamer Haushaltswirtschaft" und gegen den Vertrag des Geschäftsführers verstoßen würden.
Im Gespräch mit der APA meinte Raue, Anwalt der Berliner Philharmoniker, dass die Ergebnisse "erschreckend" seien. Sicher scheine, dass sich Dewitte "rund 650.000 Euro in die eigene Tasche gezahlt hat. Dazu kommt eine lange Reihe von nicht nachvollziehbaren Ausgaben wie Reisespesen aus dem Jahr 2009 von 90.000 Euro. (...) Da gibt es Hotelrechnungen von 650 Euro pro Nacht oder Taxirechnungen zum Salzburger Flughafen in der Höhe von 585 Euro. Und das bei einem Jahresgehalt von 117.000 Euro plus dem Gehalt für seine Frau in der Höhe von 45.000 Euro - kein Mensch weiß, für welche Leistung diese Frau bezahlt wurde."
An Klaus Kretschmer, den fristlos entlassenen Technik-Direktor der Sommerfestspiele, seien "direkt ungefähr 550.000 Euro gegangen. In die Firmen in Freilassing und Hallein, sie heißen TDC und Move, in denen Kretschmer offizieller oder stiller Teilhaber ist, sind weitere 650.000 Euro gegangen. Und das, obwohl die Osterfestspiele die Leistungen, die die Festspiele für die Opern der Osterfestspiele geleistet haben, gesondert abgerechnet haben."
"Unsägliches Spiel"
Die Zahlungen könnten keine "normalen Beraterhonorare" sein, wie Kretschmer gegenüber den SN beteuert hatte. Denn, so Anwalt Peter Raue: "Da sind zum Beispiel zum Thema Rheingold 192 Stunden Beratung à 100 Euro angegeben. Das wären fast fünf Arbeitswochen durchgehende Beratungszeit. Und das in Intensivzeiten der Salzburger Festspiele. Das kann so gar nicht stimmen."
Laut Raue sei Christoph Aigner, Anwalt und Zwei-Prozent-Eigentümer der Osterfestspiel-GmbH, die "Schlüsselfigur in diesem unsäglichen Spiel" : Er habe die Zahlungen "permanent gedeckt und gegengezeichnet. Da ist ein geschlossenes System der Scheinkontrolle entstanden."
Raue beschuldigt zudem eine Rechnungsprüferin, die für beide Festivals arbeitet. Sie habe einen "merkwürdigen Vertrag und ebenso merkwürdig hohe Gagen. Ich habe ein ungutes Gefühl bei dieser Dame und einen konkreten Verdacht." Und auch zwei Wirtschaftsprüfungskanzleien (Deloitte und Ernst & Young) hätten versagt: "Die eine hat einen Bericht vorgelegt, ohne überhaupt geprüft zu haben, und die andere hat alle Geldflüsse für unbedenklich befunden. Bei diesen beiden Firmen sowie bei Aigner sehe ich die einzigen realistischen Chancen für Schadensersatz. Von Kretschmer und Dewitte werden wir vermutlich kein Geld bekommen."
Kretschmer beging Montagfrüh, wie berichtet, einen Selbstmordversuch. Beim Sprung von einer Brücke in der Nähe seines Wohnortes Anthering zog er sich Wirbelbrüche zu, er befindet sich aber nicht mehr in Lebensgefahr.
Bei den Sommerfestspielen ist man der Meinung, dass es "nur ein schwarzes Schaf" gegeben habe. Um aber vollständige Klarheit zu haben, beauftragte Präsidentin Helga Rabl-Stadler die Audit Services Austria mit einer Prüfung. Das dreiköpfige Team nahm seine Tätigkeit am Montag auf;ein umfassender Bericht soll rechtzeitig zur Sondersitzung des Kuratoriums am 23. Februar vorliegen. Außerdem übergab man der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung zum Fall Kretschmer. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe, 03.02.2010)