Bild nicht mehr verfügbar.

Dietmar Constantini (54) schaut schon Richtung Warschau, wo am Sonntag die EM-Qualifikation ausgelost wird.

Foto: Reuters/Ebenbichler

Wien - Es ist nicht so, dass der österreichische Fußballteamchef im Winter ausschließlich Daumen dreht und dabei Löcher in die Tiroler Bergluft schaut. Dietmar Constantini hat die vergangene Woche in der Türkei verbracht, in Belek und in Side, dort haben sich neun Bundesligisten auf die Frühjahrssaison (ab 12. Februar) vorbereitet. "Gesichtswäsche war das keine, das klingt negativ. Es war eine normale Geschichte, eine Verpflichtung, man muss ja Kontakte pflegen."

Das eine und auch das andere Gespräch hat Constantini geführt, zweimal ist er mit Rapids Trainer Peter Pacult beisammen gesessen. "Auch wenn es keiner glaubt, mit ihm verstehe ich mich am besten, mit ihm telefoniere ich am häufigsten." Zumal Pacult absolut Recht hatte, als er sagte, es reiche, zweimal mit dem Hintern zu wackeln, um ins Nationalteam einberufen zu werden. "Stimmt, aber was war die Alternative? Pacult hat übrigens eingesehen, dass ein Ländermatch gegen Spanien kein Gurkenspiel sein kann. Auch wenn wir es 1:5 verloren haben."

Constantini vergleicht das Nationalteam mit einer Firma, die im März 2009 einen neuen Chef bekommen hat. "Natürlich will der alles umkrempeln. Nicht aus Prinzip, aber man darf nicht vergessen, dass die Lage schlimm war. Keine Erfolge, keine Perspektiven. Deshalb wurde ich ja engagiert."

Der Teamchef gesteht Fehler, auch taktische, ein. "Aber man soll sie nicht öffentlich diskutieren, das wird einem als Schwäche ausgelegt." Ist das ÖFB-Team eine Baustelle geblieben? "Ja, wir sind im Fußball immer eine Baustelle. Der Spanier holt seine Leute von Real oder Barcelona, einer wie ich muss improvisieren und von Legionären leben, die bei ihren Klubs meist Reservisten sind. Aber ich will mich nicht beschweren." Ein paar Irrtümer könne er zugeben. "Ich war überzeugt, dass es Erwin Hoffer in Italien bei Napoli schafft. Ich dachte, dass Kapitän Paul Scharner taktisch disziplinierter ist." Die Personalnot sei akut. "Glaubt einer wirklich, dass ich gerne auf Sebastian Prödl oder Ümit Korkmaz verzichte? Der eine spielt nicht, der andere verletzt sich dauernd."

Kein Durchbruch

Dutzende österreichische Buben sind momentan quer über Europa verstreut, werden in Akademien diverser Großklubs ausgebildet. "Aber den Durchbruch hat eigentlich nur der Martin Stranzl geschafft. Okay, der Marko Arnautovic schaut immerhin bei Inter zu. Vielleicht ist es manchmal klüger, wenn die Leute länger daheim bleiben. Aber die Manager wollen Geld verdienen."

Constantini wird am 7. Februar in Warschau aktiv, er muss passiv die Auslosung der Qualifikation zur EM 2012 in Polen und der Ukraine über sich ergehen lassen. "Für alle anderen sind wir das Wunschlos aus Topf drei."

Am 24. Februar gibt der Teamchef den Kader für das Testspiel am 3. März in Wien gegen Dänemark bekannt. "Die Dänen sind nicht auf Augenhöhe, sondern einen Kopf größer." Es wird das traditionelle Theater um Andreas Ivanschitz geben. der Standard tippt: Ivanschitz ist nicht dabei. Constantini sagt nur: "Ich muss meine Entscheidung wahrscheinlich besser begründen als bisher."

Zuletzt haben Kicker wie György Garics öffentlich Kritik geübt, ihn, Constantini, habe das geärgert. "Ein Marc Janko ist intelligent. Er hat gesagt, dass er mit Ivanschitz befreundet, aber nicht für die Aufstellung zuständig ist. Die Leute sollen ihre Meinung ruhig äußern. Voraussetzung ist, dass sie Leistungen bringen, kämpfen, Klasse zeigen, Grenzen überschreiten, nicht abgehoben und verwöhnt sind. Prinzipiell bin ich ein Mensch, der die Hand schützend über die Spieler legt."

Es sei übrigens schön, Teamchef oder Baustellenleiter zu sein. "Sonst wäre ich es ja nicht." (Christian Hackl -DER STANDARD PRINTAUSGABE 3.2. 2010)