Eines vorweg: Um Verbrechen zu bekämpfen, darf der Staat niemals kriminell werden. Sollten die deutschen Höchstrichter den Ankauf von "Steuersünder-CDs" eines Tages für rechtswidrig erklären, müsste Berlin verzichten. Doch zurzeit sieht es anders aus. Erste Gerichtsurteile besagen, dass dem Ankauf der Daten rechtlich nichts entgegensteht. Bleibt also die moralische Frage - und hier gibt es eine eindeutige Antwort: Ja, Deutschland sollte die CD erwerben.

Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Es ist Diebstahl. Laut FAZ hat der Datendieb den Steuerfahndern als Kostprobe Informationen über fünf Personen zugeschickt. Allein bei ihnen sollen sich Steuernachforderungen von bis zu einer Million Euro ergeben. Insgesamt dürfte es um zig Millionen gehen. Es geht also um viel Geld für Bildung, für Infrastruktur, für Gesundheit.

Es wird behauptet, dass derStaat mit Kriminellen keine Geschäfte machen darf. Okay. Und was ist dann mit Kronzeugenregelungen für straffällige Zeugen? Wo sind all jene, die nun empört vor Grundrechtsverletzungen warnen, wenn es um Eingriffe in die Privatsphäre bei der Videoüberwachung geht? Dabei verletzt der Staat in diesen Fällen die Persönlichkeitsrechte von Bürgern, die nicht konkret verdächtigt werden, eine Straftat begangen zu haben. Der Verdacht drängt sich auf, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird. Das wäre der wirkliche Skandal. (András Szigetvari, DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2010)