Es ist schon richtig: Manchmal muss der Staat seine eigenen Gesetze außer Kraft setzen, um noch größeres Unheil zu verhindern. Aber für einen solchen Notstand hat der Gesetzgeber die Grenzen zu Recht sehr eng gesetzt. Als die Rote Armee Fraktion (RAF) die Bundesrepublik terrorisierte, war dies der Fall. Auch bei Naturkatastrophen sind derartige Maßnahmen erlaubt.

Ein Loch von 100 Millionen Euro Steuergeld in der Staatskasse erschüttert den deutschen Staat jedoch weder in seinen Grundfesten, noch stellt es eine Gefahr für Leib und Leben dar. Klar, es handelt sich um Geld, das bewusst am deutschen Fiskus vorbeigeschleust wurde und das in Deutschland dringend gebraucht wird.

Natürlich ist die Verlockung groß, ordentlich zuzulangen, zumal sich die Verfolgung von Steuersündern drei Monate vor der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen auch trefflich für Wahlkampfzwecke eignet. Aber der Zweck heiligt eben doch nicht alle Mittel, auch wenn der empörte Volksmund dies in Steuerangelegenheiten glaubt.

Kauft Berlin diese CD, die der unbekannte Anbieter ganz offensichtlich unbefugt an sich genommen hat, würde dies jede Menge Nachahmer ermuntern, den Datenschutz mit Füßen zu treten - ganz nach dem Motto: Leute, kopiert sensible Daten, wir in Berlin zahlen gerne dafür. Solche Methoden mögen kleine Gangster anwenden, ein Rechtsstaat muss ohne sie auskommen. (Birgit Baumann, DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2010)