Wien - Neue Gesetze für politisch brisante Causen wie Pflegegeldadministration, Eisenbahnerfreifahrten oder Pensionsregelungen sind der ÖBB-Führung offenbar lieber als mühsame Verhandlungen mit ihren Eigentümervertretern oder der Belegschaft.

Das belegt ein Brief des ÖBB-Vorstands an die Finanzstaatssekretäre Andreas Schieder (SPÖ) und Reinhold Lopatka (ÖVP), der dem Standard vorliegt. In dem Schreiben vom 19. Jänner spielt Holding-Sprecher Peter Klugar den Ball in Sachen "ÖBB-Pensionsprivilegien (und die vom Rechnungshof scharf kritisierte Nebengebührenbezugspauschale aus dem Jahr 2002) an das Finanzministerium zurück.

Die ÖBB könne und wolle in die laut dem 1997 harmonisierten ÖBB-Sonderpensionsrecht gestalteten 26.866 Einzeldienstverträge nicht eingreifen. Dies, weil 22.325 Alt-Eisenbahner bereits älter als 40 seien und eine Verschlechterung dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz widersprechen könnte. Auch seien Klagen gegen die ÖBB anhängig, mit denen die Verschlechterungen von damals ausgehebelt werden könnten.

Die Liste der vom ÖBB-Chef aufgelisteten Änderungen: "Einführung von Durchrechnungszeitraum und Ruhensbestimmungen, Anhebung des Pensionsantrittsalters, Verringerung der jährlichen Steigerung bei der Pensionsanwartschaft, Einhebung eines Pensionssicherungsbeitrags von Aktiven und Pensionisten, Abschläge bei vorzeitiger Ruhestandsversetzung und Parallelrechnung nach dem Allgemeinen Penionsgesetz (APG)." Diese Maßnahmen hätten die Pensionshöhe erheblich reduziert (sie sinkt auch noch weiter).

Auf das Pensionsantrittsalter (im Schnitt 53) schlägt all das freilich nicht durch, denn die ÖBB kann Alt-ÖBBler - wie der Bund seine Beamten auch - aus "organisatorischen Gründen" zwangspensionieren. Für Betroffene wird das mittlerweile schmerzhaft, ihre Pensionen sinken, sie dürfen kaum ohne Pensionsabzug dazuverdienen. Klugar versichert den Staatssekretären, Pensionierungen "aus organisatorischen Gründen an ein deutlich höheres Lebensalter" zu binden.

Ein neues Gesetz wünscht sich die Bahn auch beim Pflegegeld, bei dem laut Finanz 150 bis 180 Mio. Euro Nachzahlung drohen. Die Pflegegeldabrechnung sei "bahnfremd", sollte besser von der Sozialversicherung gemacht werden. Laut Rechnungshof hat die ÖBB dem Bund allein von 2002 bis 2007 in Summe 115 Mio. Euro zu viel verrechnet, indem sie den Selbstbehalt nicht abgezogen hätte. Der RH kritisiert alle: Die Regierung wegen unklarer Pflegegeldkompetenzen. Das Finanzministerium, weil ÖBB-Abrechnungen nie geprüft wurden und die ÖBB im Bundespflegegeldgesetz schlechter gestellt sei, als andere Betriebe. Die Bahn wird kritisiert, weil sie zu viel Geld verrechnet hat und höhere Pflegegelder auszahlte als SVA und/oder PVA. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 04.02.2010)