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Sexbusiness auf Schwedisch: Kauf und Vermittlung von Liebesdiensten sind illegal.

Foto: REUTERS/Tomas Oneborg

Eigentlich klagt die schwedische Polizei über Geldmangel. Mit einer Ausnahme - und die irritiert: Schwedens Polizeiführung ließ verlauten, man müsse den Großteil des Budgets zur Prostitutionsbekämpfung zurückgeben - weil es nicht genutzt wurde.
Von 17 Millionen Kronen für Sondereinsätze in den Jahren 2009 und 2008 - etwa zur Aushebung von Geheimbordellen oder zur Verhaftung von Freiern - blieben sieben Millionen übrig. Die BeamtInnen hätten eben Wichtigeres zu tun gehabt, erklärten hohe Polizeirepräsentanten - und lösten einen Proteststurm aus: Der Wille zur Abschaffung der Prostitution ist in Schweden stark ausgeprägt.

1998 hatte das Parlament ein weltweit einmaliges Prostitutionsverbot verabschiedet: Kauf und Vermittlung sexueller Dienste ist verboten - der Verkauf von Sex aber legal. ZuhälterInnen drohen bis zu sechs, FrauenhändlerInnen zehn Jahre Gefängnis. Die Bezahlung von Frauen für Geschlechtsverkehr ist Ausbeutung und erniedrigt sozial am Boden liegende Menschen, lernen schon Schwedens GrundschülerInnen.

Kontakte zu Rotlichtszene

Die Causa ist für die Polizei, der schon lange ein nachlässiger Umgang mit dem Prostitutionsverbot nachgesagt wird, aber doppelt peinlich. Erst vor wenigen Tagen zierte ein Ex-Polizeichef die Titelseiten. Wegen - angeblicher - enger Verbindungen zu Bordellbetreibern. Das verstärkt das öffentliche Bild, die Polizei verlache das Verbot und sehe darin bloß "Politikerschwachsinn".
"Es ist seltsam, dass es überhaupt passieren kann, dass die Polizei Geld zur Prostitutionsbekämpfung ungenutzt lässt", sagt Kjell Larsson, Sozialarbeiter der Stadt Göteborg: Die lokale Polizei hat ihre Untätigkeit gegen ZuhälterInnen und Freier stets auf den Mangel an Geld- und Personalressourcen geschoben. Auch Vizelandespolizeichef Tommy Hydfors ist betrübt. "Dass die Hälfte des Budgets ungenutzt bleibt, hätte nicht geschehen dürfen", sagt er.

Er erntet aber auch Widerspruch. Polizeikommissar Per Ottosson aus Göteborg meint: "Im Alltag bekommt manchmal anderes Priorität." Sogar BeamtInnen der Antiprostitutionseinheiten müssen oft abgezogen werden. Darum sei es kein Wunder, dass überraschend wenig Strafen ausgesprochen: Lediglich einige wenige ZuhälterInnen wandern jedes Jahr hinter Gitter - und für rund hundert Freier setzte es im Vorjahr Geldbußen. (André Anwar aus Stockholm/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.2. 2010)