Dieser Mann schläft in einer öffentlichen WC-Anlage. Er ist einer von 37.000, die als obdachlos gezählt wurden.

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In Österreich werde für Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, zu wenig getan, das kritisiert der Dachverband der Wohnungslosen-Hilfsorganisationen im Ö1-Morgenjournal.

Nicht jeder arme Mensch ist automatisch gefährdet, den eigenen Wohnraum zu verlieren. Armut ist aber eine Konstante, die neben anderen Faktoren zu Wohnungslosigkeit führt, sagt Heinz Schoibl von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfen (Bawo): "Armut, Arbeitslosigkeit, soziale Isolation oder psychische und Suchterkrankungen. Diese Menschen tragen ein ganzes Bündel mit sich herum."

Daten rar

Daten über wohnungslose Menschen sind rar. Die jüngsten Fakten hat die Bawo selbst, im Auftrag des Sozialministeriums, erhoben. Vollständig erfasst wurde damit die Situation im Jahr 2006: Mehr als 37.000 Menschen haben in diesen 12 Monaten Angebote der Hilfseinrichtungen in Anspruch genommen. Diese Zahl beinhaltet zum einen alle Personen, die im Laufe des Jahres 2006 von ambulanten und (teil-) stationären Einrichtungen betreut wurden (wie Beratungsstellen oder Tagesstellen). Zum anderen wurden auch alle Menschen, die Angebote der Delogierungsprävention annahmen (das heißt die Unterstützung für die Sicherung ihrer Wohnung benötigten) hinzugezählt. Ferner geht aus der Studie hervor, dass jede dritte ambulant beratene Person mindestens einmal in diesem Jahr eine Notschlafstelle in Anspruch nahm.

Dennoch sind die Daten mit Vorsicht zu genießen, da Mehrfachzählungen nicht berücksichtigt werden. Wechselte zum Beispiel eine Person im Laufe des Jahres von der ambulanten zur stationären Betreuung, so wurde sie bei der Erhebung doppelt gezählt. Verlässlichere Zahlen liefert die Stichtagerhebung der Bawo, die Ende 2007 durchgeführt wurde. Aus dieser geht hervor, dass zum Zeitpunkt der Erhebung fast 10 000 Menschen von der Wohnungslosenhilfe betreut wurden. Schoibl: "Es sollte endlich sichergestellt werden, dass systematisch gezählt wird wie viele Wohnungslose es gibt, was löst Wohnungslosigkeit aus und wie greift und wirkt die Hilfsstruktur."

Wohnungslosenhilfe ist Ländersache

Wohnungslosenhilfe ist Angelegenheit der Länder. Die Bawo fordert ein österreichweites Gesetz. Die Mindestsicherung, die die Sozialhilfe bundesweit vereinheitlicht, hilft Wohnungslosen zu wenig, sagt Heinz Schoibl: "Sie schafft keine Harmonisierung der rechtlichen und ökonomischen Grundlagen und damit bleibt dieses Instrument ein Rückschritt."

Mit einem Viertel, also 168 Euro, ist aus Sicht der Bawo der Wohnbeitrag der Mindestsicherung zu gering. Jedes Bundesland kann darüber hinaus Zuschüsse bezahlen, muss es aber nicht. Damit sei nicht garantiert, dass sich für die Betroffenen nichts verschlechtert, obwohl das im Beschluss so vorgesehen ist, kritisieren die Wohnungshilfseinrichtungen. (red, derStandard.at, 5. Feber 2010)