MAG (Zipper Interactive/SCEA) ist für PlayStation 3 erschienen.

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Die Ankündigung, einen vollwertigen Online-Shooter mit 256 Spielern realisieren zu wollen, klang 2008 wie ein zu hoch gestecktes Ziel. Zwei Jahre später hat Zipper Interactive, die Erfinder der "Socom"-Serie sein Versprechen nun eingelöst. Tatsächlich ist es gelungen, auf der PlayStation 3 ein Kriegsspiel mit den Ausmaßen eines MMORPGs auf die Beine zu stellen. Seit Ende Jänner laufen die Server heiß und bis auf wenige anfängliche Zwischenfälle hat "MAG" bewiesen, dass es technisch und verzögerungsfrei möglich ist. Aber garantiert allein die Anzahl der Spieler für gute Unterhaltung? Steckt mehr dahinter, als ein Proof-of-Concept? Der WebStandard warf sich in die Schlacht.

Schattenkrieg

MAG greift ein naheliegendes und bedrohliches Zukunftszenario auf. 2025 herrscht oberflächlich der Weltfrieden, doch im Schatten der gespielten Heiterkeit führen die Staaten einen Schattenkrieg gegeneinander. Anstelle staatlicher Militärs kommen Privatarmeen (PMU) zum Einsatz - irgendwie muss ja die Wirtschaft am Leben gehalten werden. Drei Unternehmen bieten ihre Dienste an. Die US-Gesellschaft VALOR, die Tschetschenische SVER und die Wiener GmbH RAVEN. Jede der drei PMUs hat ihre eigenen Stärken. So verkörpert etwa SVER den Stolz der Widerstandskämpfer und die österreichische RAVEN setzt auf modernste Technologien und Waffensysteme.

CounterStrike lässt grüßen

Als reiner Online-Shooter hält sich MAG nicht lange mit Hintergrundinformationen auf. Man wählt eine Fraktion und einen Charakter und wirft sich ins erste Training. Beim Zielschießen kommt ein vertrautes Gefühl auf. Obwohl mit Controller statt Maus steuert sich der Soldat so direkt und sicher wie die Räuber und Gendarmen aus dem Klassiker Counter-Strike. Sehr solide und ohne Überraschungen. Nach der kurzen Einführungsrunde wird man taktisch leider komplett ungeschult an die Front geschickt und nach einigen hoffnungslosen Anläufen wird einem die enorme Tiefe des Konzepts bewusst. Mit bloßem Geballere kommt man nicht weit, die schieren Ausmaße erfordern Teamspiel und konsequente Spezialisierung.

Truppenzugehörigkeit und Rollenspiel

Nachdem bis zu 128 Spieler auf einer Seite kämpfen, werden die Einheiten in vier Platoons und 16 Squads unterteilt. Zu Beginn läuft man also unter dem Kommando eines Squadleaders und versucht so präzise wie möglich dessen Anweisungen Folge zu leisten. Strategische Ziele wie Stützpunkte müssen gemeinsam eingenommen werden, zieht man nicht an einem Strang, zerfällt die Sturmlinie gewiss. Um Neueinsteiger nicht komplett zu überfordern, darf man als Frischling zunächst nur kleineren Schlachten mit 64 Team-Mitgliedern beitreten und die Komplexität der Spielmodi hält sich in Grenzen.
Mit jedem Abschuss, jeder Wiederbelebung eines Team-Kameraden und jeder Reparatur eines Geschützes sammelt man Erfahrungspunkte und kann so allmählich seine Fähigkeiten und Eigenschaften verfeinern. Man darf sich für spezielle Waffenkategorien entscheiden, als Sanitäter, Späher oder Techniker ausbilden und in all diesen Bereichen noch Schwerpunkte setzen. Wie in einem Rollenspiel baut man einen Charakter auf und wird zunehmend nicht nur stärker, sondern auch wichtiger für die anfangs gewählte Fraktion.

Tiefgang

Erreicht man höhere Level, bewirbt man sich für strategisch tragende Rollen wie den Squad-Leader und nimmt im Laufe seiner Karriere dann die Leitung eines Platoons und schließlich den Posten des Leitenden Offiziers ins Visier. Geht es in dieser Hierarchie von unten gesehen zu Beginn nur um die Anweisung einzelner Soldaten, ist man später für die Ausführung des Schlachtplans verantwortlich. Squad-Leader dürfen Unterstützung in Form von Panzerfahrzeugen anfordern oder Granatschläge anordnen und Offiziere haben gar die Möglichkeit, Spiel entscheidende Züge wie die Störung der feindlichen Kommunikation auszuführen.
Alledem vorausgesetzt ist die ständige Kommunikation mit den Kameraden. Das optional oder im Bundle erhältliche Bluetooth-Headset und die Online-Sprachqualität lassen dabei kaum etwas zu Wünschen übrig. Scheue Persönlichkeiten müssen sich allerdings über die Hürde wagen, die Kommunikation mit Fremden aufzunehmen. Idealer weise packt man ein paar Freunde in den eigenen Trupp.

Reibungslose Technik

Während die für auf Call of Duty-konditionierten Spieler vielleicht überraschende Tiefe ein Hindernis darstellt, klappt die Technik von Beginn an wie am Schnürchen. MAGs riesige Schlachtfelder glänzen zwar nicht mit der Detailschärfe und Effektfreudigkeit eines Killzone 2, doch die abwechslungsreichen Wüsten-, Wald- und Industriegelände können sich allemal sehen lassen. Die Darstellungstiefe überzeugt genauso wie die konstante Bildwiederholungsrate. Die Waffen-Sounds und Kriegsgeräusche klingen überzeugend.
Wie Anfangs bereits erwähnt, wurde allerdings bei der Präsentation gespart. Gerade einmal je ein Intro-Video zu den einzelnen Fraktionen erläutert die Hintergründe. Wer sich in eine Illusion, ein "Second-Life" hineinfallen lassen möchte, braucht schon etwas Fantasie. Dem eigentlichen Spielgeschehen schadet dies jedoch nicht.

Fazit

Ohne Einzelspieler-Komponente und der Zwang zum Teamplay machen MAG nicht gerade zum Spiel für Jedermann. Wer sich auf den 256-Spieler-Krieg einlassen möchte, sollte eine Leidenschaft für Taktik mit sich bringen. Die Eigene Leistung kommt in der Anfangsphase nicht unmittelbar zum Tragen, man spürt bei der Menge an Kombattanten nur ein Zahnrad in der Maschine zu sein. Wem dies zusagt, findet eine mächtige und hoffentlich wachsende Online-Welt vor sich, die ambitionierte Hobby-Soldaten konsequent belohnt. Mit der Übernahme leitender Positionen wandelt sich das Spiel schlagartig von einem Shooter in ein Strategiespiel, das viel Gespür für Timing und Mitspieler erfordert. Und wie in einem Rollenspiel darf man sich den Krieger nach Maß bauen und komplettieren, um eines Tages dann womöglich unter der Flagge einer anderen Fraktion ganz von neuem durchzustarten. MAG ist ohne Frage ein sehr spezielles, aber in jeder Hinsicht massives Erlebnis.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 7.2.2010)