Afghanistans Präsident zeigte sich optimistisch, dass sein Land bald die vollständige Souveränität zurückerhalten könnte.

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München – Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat ein Ende der Militäreinsätze mit zivilen Opfern gefordert. "Ein Ende der Operationen in den afghanischen Dörfern ist das, was das afghanische Volk am meisten wünscht", sagte Karsai am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. In fünf Jahren wolle die afghanische Regierung selbst ohne internationale Hilfe für die Sicherheit des Landes sorgen.

Unter dem neuen Kommandanten der internationalen Schutztruppe ISAF, US-General Stanley McChrystal, sei die Zahl der zivilen Opfer bereits reduziert worden, sagte Karsai. Aber der Krieg gegen den Terrorismus müsse nicht in den Dörfern, sondern in den Rückzugsgebieten der Taliban sowie gegen die Finanzströme der Al-Kaida geführt werden.

Bis zum Jahr 2012 mindestens 300.000 Sicherheitskräfte benötigt

Die afghanische Regierung konzentriere sich jetzt auf die Übernahme der Selbstverantwortung, sagte Karsai. Bis zum Jahr 2012 müssten mindestens 300.000 Soldaten und Polizisten ausgebildet und ausgerüstet werden. Bis 2015 sollte Afghanistan in der Lage sein, seine Sicherheit selbst sicherzustellen und die Last von den Schultern der Weltgemeinschaft zu nehmen.

"Afghanistan soll absolut unabhängig werden", sagte Karsai. Dazu müssten die Afghanen ein Parlamentssystem aufbauen und "jegliche Parallelgesellschaften unterbinden". Auch die Vereinten Nationen und die Hilfsorganisationen müssten die afghanischen Zentralbehörden stützen, statt mit ihnen zu rivalisieren, mahnte Karsai. Tausende von Taliban-Kämpfern, die "nicht unbedingt ideologisch gegen uns sind" und Verfassung und Frauenrechte akzeptierten, könnten integriert werden, wenn man ihnen Anreize biete. Gefangene würden künftig von afghanischen Behörden nach afghanischem Recht verurteilt werden.

Karsai: "Haben im Krieg gegen Terrorismus ungeheuer viel erreicht"

Afghanistan sei ein tiefgläubiges muslimisches Land. "Frieden und Versöhnung mit den Taliban kann nur erreicht werden, wenn wir das regionale Umfeld mit berücksichtigen", sagte der Präsident: Wichtig sei, "dass Pakistan nicht in Radikalismus abgleitet, dass Ausbildungszentren nicht länger bestehen". Auch Indonesien und die regionalen Supermächte Indien und China müssten mit ins Boot geholt werden. Der Krieg gegen den Terrorismus in Afghanistan sei im achten Jahr, und "wir haben ungeheuer viel erreicht", sagte Karsai.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen rief unterdessen Russland zu einem stärkeren Engagement in Afghanistan auf. "Ich glaube, es gibt einen Spielraum für ein weitergehendes russisches Engagement", sagte Rasmussen am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Die Übergabe von Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung müsse noch in diesem Jahr beginnen, forderte Rasmussen. Um den Einsatz am Hindukusch zum Erfolg zu führen, benötige Afghanistan aber auch deutliche Fortschritte im zivilen Bereich. Dazu gehöre insbesondere die Verbesserung der Regierungsführung und der Kampf gegen die Korruption. Außerdem müsse die Regierung ein umfassendes Bildungssystem schaffen und für eine Wirtschaftsordnung sorgen, die nicht maßgeblich vom Drogenhandel abhänge.

Die NATO werde Afghanistan weiter zivil und militärisch unterstützen, versprach Rasmussen. Auch andere wichtige internationale Organisationen, allen voran die UNO, müssten die Reformbemühungen begleiten. Darüber hinaus trügen auch Nachbarländer wie Pakistan sowie Indien und China Verantwortung für die Stabilisierung Afghanistans. (APA/apn/AFP)