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In Österreich gelten Titel als sehr beliebter Namensschmuck

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Jörg Markowitsch, Leiter des Departmens für Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement an der Donau-Universität Krems zum Thema Magister versus Master: "Ein früherer akademischer Grad muss nicht unbedingt an Wert verlieren."

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Hans Pechar, Leiter des Insituts für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung an der Universität Klagenfurt: "Ich vermute, dass diese Titel nach kurzer Gewöhnungsphase gleichwertig behandelt werde."

 

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Aufgrund des Bologna-Prozesses tragen immer mehr künftige Hochschulabsolventen den Master-Titel. Aber auch der Magister-Titel verschwindet nicht ganz: Er bleibt zumindest vorerst bei jenen Studien bestehen, bei denen der akademische Grad im Curriculum noch mit "Magister" festgesetzt ist. Laut Wissenschaftsministerium gibt es keine gesetzliche Auslauffrist, die eine Änderung vom "Magister" auf den "Master" bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorschreiben würde. Auch der Titel des Diplom-Ingenieurs bleibt bestehen, da er ein Bologna-konformer Master-Grad ist.

Welcher dieser drei Titel ist nun im Berufsleben "mehr wert"? DerStandard.at hat bei den beiden Bildungsexperten Jörg Markowitsch, Leiter des Departmens für Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement an der Donau-Universität Krems, und Hans Pechar, Leiter des Insituts für Wissenschaftskommunikation und Hochschulforschung an der Universität Klagenfurt, nachgefragt.

derStandard.at: Sehen Sie für die Träger des Magister-Titels künftig einen Nachteil am Arbeitsmarkt? Könnte er etwa das Image bekommen, "verstaubt" oder ein "Auslaufmodell" zu sein?

Jörg Markowitsch: Personen mit dem akademischen Grad "Magister" werden noch eine ganze Weile die Mehrheit der AkademikerInnen stellen, insofern wird der Titel nicht so rasch aus dem Berufsalltag verschwinden. Davon abgesehen muss ein früherer akademischer Grad nicht unbedingt an Wert verlieren, denken Sie etwa an "Diplom-Kaufmann/-frau".

Hans Pechar: Diese Gefahr sehe ich nicht. Schon bisher hat es mit den Graden Magister bzw. Diplom-Ingenieur unterschiedliche Titel für AbsolventInnen mit gleichem Ausbildungsniveau gegeben. Für Magister, die schon im Berufsleben stehen, nimmt der Signalwert des akademischen Grades ohnehin ab, entscheidend wird die Bewährung beziehungsweise Erfahrung im Beruf.

derStandard.at: Haben Absolventen mit Master-Titel aus Ihrer Sicht im Berufsleben Vorteile gegenüber den Magistern oder Diplom-Ingenieuren? 

Markowitsch: Der Trend ist eher der, dass etwaige Unterschiede zwischen akademischen Graden auf ein und derselben Niveaustufe marginalisiert werden. Zumindest ist dies die Richtung, in die der Bologna-Prozess aber auch der Europäische Qualifikationsrahmen zeigen. 

Pechar: Nein, aus oben genannten Gründen.

derStandard.at: Könnte es für (künftige) Master andererseits von Nachteil sein, dass sich die Wirtschaftswelt erst an den relativ jungen akademischen Grad gewöhnen muss?

Markowitsch: Die Gefahr sehe ich eher für den Bachelor, da es sich dabei ja tatsächlich um ein neues Niveau handelt, das sich erst etablieren muss. Bei der Rekrutierung spielt der akademische Grad bestenfalls als Indikator für das Niveau eine Rolle, nicht aber die jeweilige Bezeichnungsweise. Vielfach wird aber sogar Niveau-übergreifend gesucht. Wenn man etwa liest "HTL-, FH- oder TU-AbsolventInnen gesucht", ist noch nicht einmal spezifiziert, ob Bachelor- oder Master-Niveau.

Pechar: Der einzige Nachteil, den ich sehe, wird in der titelsüchtigen österreichischen Gesellschaft die Schwierigkeit sein, AbsolventInnen mit dem neuen Titel anzusprechen. Man wird dann zum Beispiel "Frau Master" sagen müssen.

derStandard.at: Auch bei den Diplom-Ingenieuren wurde nur zum Teil auf das Bachelor-Master-System umgestellt. Besteht dabei die Gefahr, dass Absolventen mit gleichen Fähigkeiten in der Berufswelt unterschiedlich bewertet werden?

Markowitsch: Die Gefahr der unterschiedlichen Bewertung vergleichbarer Qualifikationen besteht immer, jedoch ist die Einführung neuer Titel dabei wohl das geringere Problem.

Pechar: Die entscheidenden Unterschiede werden sich einerseits gemäß der Stufung in undergraduate (BA) und graduate (MA - bzw. die traditionellen Titel), andererseits entlang fachspezifischer Differenzen herausbilden.

derStandard.at: Fazit: Welcher Titel ist aus Ihrer Sicht "mehr wert": Master, Magister oder Diplom-Ingenieur?

Markowitsch: Die Titel sind grundsätzlich gleichwertig, wenn Sie auch immer Einzelmeinungen finden werden, die anderes behaupten. Leider sind in Österreich Titel maßlos überschätzt. Diese "Titel-Mania" ein Stück weit zu mäßigen hätte viele Vorteile. Schließlich hat die zwischenzeitige Titel-Verwirrung zum Teil ja auch ihr Gutes: Unternehmen prüfen genauer, welche Fähigkeiten sich hinter den Titeln verbergen.

Pechar: Ich vermute, dass diese Titel nach kurzer Gewöhnungsphase gleichwertig behandelt werden. Die fachspezifischen Unterschiede sind wichtiger. (mak, derStandard.at, 15.2.2010)