Alles für die Familie: Um seine Angehörigen versorgen zu können, sattelt der todkranke Chemie-lehrer (Bryan Cranston) in "Breaking Bad" um: Er stellt die teuflische Modedroge Crystal Meth her und gerät in einen mörderischen Strudel aus Mord und Totschlag: "Regel Nummer eins beim Drehbuchschreiben ist es, Konflikte zu entwickeln."

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Bryan Cranston als Hal in "Malcolm Mittendrin".

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Mit Doris Priesching sprach Bryan Cranston über Männerkämpfe und Radikaldiäten.

STANDARD: "Malcolm in the Middle" feiert zehnten Geburtstag. Die Begeisterung lässt nicht nach. Wie geht es Ihnen damit?

Cranston: Ich bin stolz darauf, es waren sieben sehr wichtige Jahre meines Lebens.

STANDARD: Im österreichischen Fernsehen läuft "Malcolm" seit 2002 - in der sechsten Wiederholung. Wie erklären Sie den Erfolg?

Cranston: Hal zu spielen machte so viel Spaß. Er war eine Figur voller Angst, kindlich und verletzlich. Wie sehr er seine Frau in tiefer Ergebenheit liebte. Ich betete ihn an. So funktionierte Malcolm auf eine sehr menschliche Weise: Wir brauchen und wollen es, uns um Menschen zu kümmern. Auch wenn klar war, dass hier eine verrückte Bubenenergie im Spiel war, gab es am Ende des Tages in der Familie tiefe Liebe.

STANDARD: Hal war ängstlich, wie beschreiben Sie Walter White, Held aus "Breaking Bad"?

Cranston: Angst war Hals Grundgefühl, daraus entstand die Komik. In Breaking Bad ist die Grundstimmung Sprachlosigkeit. Zu Beginn der Serie war Walter in seinem Alltagstrott wie betäubt. Er war erstarrt, nicht fähig, mit Gefühlen umzugehen. Die Ironie ist, dass mit der Diagnose der tödlichen Krebserkrankung Walter lebendig wurde. Er entscheidet sich, etwas zu tun.

STANDARD: Er stellt Drogen her, dealt und findet so zu sich?

Cranston: Die Diagnose bringt ihn zur entscheidenden Frage: Was würdest du tun, wenn du nur noch ein Jahr zu leben hast? Vieles verändert sich dadurch. Walter kämpft mit seiner Moral. Wie viel Geld muss im Spiel sein, damit wir moralische Überzeugungen ändern? Er wird getestet.

STANDARD: Das moralische Dilemma haben auch die Zuseher. Als Drogenproduzent ist er ein ganz Schlimmer, gleichzeitig fühlen wir mit ihm. Wie gehen Sie damit um?

Cranston: Regel Nummer eins beim Drehbuchschreiben ist es, Konflikte zu entwickeln. Vince Gilligan (Serienerfinder, Anm.) und mir ging es zuerst darum, den Kampf dieses Mannes zu zeigen. Ich wusste, wenn uns das gelingt, hat die Serie eine Chance.

STANDARD: Am Beginn der dritten Saison von "Breaking Bad" gibt es eine besondere Werbekampagne am Times Square: Barack Obama wirbt als "Leader in Style", Sie daneben als "Dealer in Style". Ihre erste Reaktion?

Cranston: Ich war sehr überrascht und habe viele Anrufe erhalten. Auf gleicher Höhe mit dem US-Präsidenten zu stehen und noch dazu größer als ein Autobus zu erscheinen war spaßig.

STANDARD: Krebskrank sehen Sie in manchen Folgen miserabel aus. Alleinige Kunst der Maske?

Cranston: Nicht nur. Ich wusste, dass die Chemotherapie in der zweiten Staffel Teil der Handlung sein wird. Deshalb unterzog ich mich einer Diät und nahm sieben Kilo in zehn Tagen ab. Wie ein Farmer, der ein Schwein mästet, aß ich vorher alles und wurde schwerer, als ich normal bin. Ich ließ von einem Tag auf den anderen Alkohol, Zucker, Kohlehydrate weg und halbierte die Portionen.

STANDARD: Walter kocht die gefährliche Droge "Crystal Meth". Hatten Sie Kontakt zur realen Szene?

Cranston: Ich bin sehr ignorant, was Drogen betrifft. Als ich mich für die Serie vorbereitete, sammelte ich Informationen über Chemie. Ich forschte nicht über Krebs, nicht über Drogen, weil mein Charakter auch nichts davon wusste. Wie Walter erfuhr ich erst im Laufe der Serie mehr darüber.

STANDARD: Wie viele Staffeln sind geplant?

Cranston: Wie alles im Leben hat auch Breaking Bad ein Ende. Wann es sein wird? Niemand weiß es. Das hängt mit finanziellen Faktoren zusammen, worüber mächtige Menschen beim TV entscheiden. Es wäre nett, wenn wir vom Ende zwei Jahre vorher wüssten. Dann könnten wir die Geschichte zum grandiosen Ende bringen.

STANDARD: US-TV glänzt mit anspruchsvollen Serien. Sind diese in Gefahr durch die Finanzkrise?

Cranston: Wir erleben ein goldenes Zeitalter des Fernsehens. Serien wie Dexter, Rescue Me, Damages, fordern Zuschauer heraus. Unterhaltung ist in der Finanzkrise notwendig. Der Erfolg von Avatar zeigt, dass das ziemlich gut geht.

STANDARD: Was würden Sie an Walter Whites Stelle tun?

Cranston: Ich bin in der glücklichen Lage, finanziell abgesichert zu sein. Ich würde Freunden nichts sagen, um die Welt reisen und bleiben, wo es mir gefällt. (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 10.2.2010)