Wien – "Bosnien ist weit weg, und wir sind hier – wie sollen wir etwas mit diesem Dorf zu tun haben?", fragt Muhammed P., Imam der Al-Tewhid-Moschee in der Murlingengasse in Wien-Meidling. "Die einzige Verbindung zu unseren Brüdern ist eine spirituelle. Wir können nur hoffen und für sie beten." Bekannt wurde P. allerdings nicht für sein Gebet, sondern für seine Verbindung zu radikalen Muslimen in Bosnien.

Vergangenen Dienstag startete die bosnische Polizei eine Razzia in dem Dorf Gornja Maoca, das als Hochburg radikaler Wahhabiten gilt. Der Anführer der Gemeinde, Nusret Imamovic, wurde verhaftet, ihm und seinen Mitstreitern wird unter anderem Angriff auf die bosnische Verfassung und Verhetzung vorgeworfen. Außerdem soll er die ersten Ausbildungslager für Mudschaheddin in Bosnien mitgegründet haben. P. soll Imamovic vor einigen Jahren als Imam nach Wien geholt und die Gemeinschaft in Gornja Maoca finanziell unterstützt haben. Nach einem Streit mit P. kehrte Imamovic jedoch wieder nach Bosnien zurück.

Kameras im Gebetsraum

An dem Haus in der Murlingengasse 61 weist von außen nichts auf einen Gebetsraum hin, an dem schweren Holztor hängen nur ein Schild "Achtung Videoüberwachung" und ein elektrischer Türöffner. Jeder, der möchte, kann eintreten. Im Vorraum hängen Plakate, viele auf Arabisch, manche auf Deutsch: "Mit diesem Buch lernst du den Koran lesen" oder "Arabischkurse mit Zertifikat von der Universität Medina" steht darauf.

Dahinter liegt der Gebetsraum, etwa 100 Quadratmeter groß, grüner Teppich, Lautsprecher und mehrere Videokameras an der Decke. 20 Männer sind am Montagabend zum Gebet gekommen, die meisten in ihren Zwanzigern. Nicht alle tragen Bärte, und nicht alle kommen aus Bosnien – auch ein junger Schwede ist dabei. "Wir sind nur eine Gemeinde von Gottesdienern, wir arbeiten, essen und atmen wie alle anderen", erklärt ein Mann mit Bart und weißer Strickmütze. Was diese Gemeinde von anderen unterscheide? "Die Wahrheit." (tob, awö/DER STANDARD, Printausgabe, 10.2.2010)