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Die neue Stadtbahn von Jerusalem ist für die Palästinenser vor allem mit Ängsten verbunden.

Foto: AP/Dan Balilty

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Arbeiter legen im Jänner letzte Hand an die Gleise der neuen Bahn. Im Frühjahr soll der reguläre Fahrbetrieb aufgenommen werden.

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Jerusalem - Die erste Stadtbahn in Jerusalem soll im Frühjahr ihre Jungfernfahrt absolvieren. Die jüdischen Einwohner der Stadt können es kaum abwarten, in den silbern glänzenden Wagen durch Jerusalem zu fahren und so den chronisch verstopften Straßen zu entgehen. Die Palästinenser aber sehen keinen Grund zu feiern. Sie hoffen, das eine Milliarde Dollar teure Projekt zum Entgleisen zu bringen.

Die Palästinenser befürchten, dass die neue Bahn die israelische Kontrolle über Ostjerusalem verstärkt - also die historische Altstadt, die sie als Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates für sich reklamieren.

Die 14 Kilometer lange Stadtbahnstrecke soll den jüdischen Westteil Jerusalems mit den größten Siedlungen verbinden, die Israel nach dem Krieg von 1967 im mehrheitlich arabischen Ostteil errichtet hat. Nach palästinensischer Auffassung will Israel mit der neuen Straßenbahn weitere Fakten schaffen, so wie es der jüdische Staat bereits mit seinen Siedlungen in Ostjerusalem getan hat, in denen mittlerweile 180.000 jüdische Israelis leben.

Berater von Abbas: "Die Bahn ist illegal, und die Siedlungen sind es auch."

"Dieses Projekt dient dem Ziel, eine Brücke zwischen den Siedlungen und Westjerusalem zu schlagen", sagt Ahmed Rweidi, ein Berater des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas. "Die Bahn ist illegal, und die Siedlungen sind es auch."

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat angekündigt, er werde keinen Teil Jerusalems preisgeben, und vertritt damit einen härteren Standpunkt als mancher seiner Amtsvorgänger. Er besteht darauf, Israel habe das Recht, überall in der Stadt zu bauen. Zum Streit um das neue Verkehrsprojekt erklärte Netanyahus Sprecher Mark Regev: "Die Stadtbahn wird allen Einwohnern Jerusalems und darüber hinaus dienen, Arabern ebenso wie Juden."

Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) rief im Kampf gegen die Stadtbahn ein französisches Gericht an - an dem Projekt sind die beiden französischen Unternehmen Veolia und Alstom beteiligt. In ihrem Gerichtsantrag stellte die PLO das Verkehrsprojekt als Verstoß gegen die Genfer Konvention dar, die das Verhalten einer Besatzungsmacht in einem besetzten Land regelt. Das Gericht erklärte sich im Dezember für zuständig, setzte bisher aber keinen Termin für die nächste Anhörung fest.

Regierung ruft arabische Staaten zum Boykott der französischen Herstellerfirmen auf

Die Regierung Abbas hat außerdem die arabischen Staaten aufgefordert, Geschäftsverträge mit den beiden französischen Unternehmen zu stornieren. Alstom ist beispielsweise am Bau einer Eisenbahnstrecke zwischen den beiden heiligen islamischen Städten Mekka und Medina in Saudi-Arabien beteiligt.

Die Palästinenser wollen das Thema auch beim Gipfeltreffen der Arabischen Liga im März zur Sprache bringen. "Das ist das Geringste, was die Araber tun können, um unsere Rechte in Jerusalem zu unterstützen", sagt Abbas' Berater Rweidi. Die saudiarabische Regierung hat sich zu den Forderungen bislang nicht öffentlich geäußert.

Veolia teilte mit, das Unternehmen sei ohnehin dabei, seine fünf Prozent an dem Konsortium, das die Bahn baut und betreiben soll, an eine israelische Firma zu übertragen. Dies habe aber ausschließlich wirtschaftliche Gründe und könne sich über mehrere Jahre hinziehen, heißt es.

Alstom, das die Straßenbahnwagen liefert, verteidigt das Projekt. Die Stadtbahn schaffe keine neuen Fakten, da es auf der gleichen Strecke bereits einen Busverkehr gebe, erklärt Firmensprecher Philippe Kasse. (apn)