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Laut den finnischen Veranstaltern des Gipfeltreffens von elf Anrainerstaaten ist sie das am stärksten verunreinigte Meer der Welt - die Ostsee. Überfischung, Überdüngung, Algenwachstum und daraus resultierender Sauerstoffmangel sowie das gestiegene Unfallrisiko durch den immer dichter werdender Schiffsverkehr sind die Hauptprobleme des 413.000 km² großen Binnenmeeres. Forscher beschrieben die Ostsee bereits vor einigen Jahren als praktisch gekippt.

Ziel der Gastgeber war höhere internationale Investitionswilligkeit. Am Gipfel in Helsinki nahmen am Mittwoch außer den Repräsentanten der Anrainerstaaten Vertreter von rund 130 Unternehmen, Regionen, Institutionen und Interessengruppen teil. Voraussetzung für die Teilnahme war die Selbstverpflichtung zu einer konkreten Maßnahme.

Die als "konkret" angekündigten Zusagen beschränkten sich vorerst überwiegend auf dramatische Appelle à la "Es ist höchste Zeit zu handeln" (Finnlands Präsidentin Tarja Halonen) oder "Wir können heute Geschichte machen" (Nokia- und Shell-Aufsichtsratsvorsitzender Jorma Ollila). Andere, wie die deutsche Agrarministerin Ilse Aigner, verwiesen auf die laufende Umsetzung ohnehin bestehender internationaler Verpflichtungen, etwa zur Reduktion nitrathaltiger Düngemittel in der Landwirtschaft.

Einer der wenigen greifbaren Beiträge kam von Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite. Nach jüngsten Berichten über die "Entsorgung" chemischer und atomarer Waffenreste durch russisches Militär in der Ostsee in den 1990er-Jahren kündigte Grybauskaite für Herbst den Vorschlag einer Uno-Resolution an, die das Problem von im Meer deponierten C-Waffen angehen soll. Allein in der Ostsee liegen geschätzte 40.000 Tonnen chemischer Waffen, unter anderem Giftgasmunition aus beiden Weltkriegen.

Russlands Premier Wladimir Putin nutzte seinen Auftritt, um das vor allem von den baltischen Staaten und Polen beargwöhnte Pipelineprojekt Nord Stream als Musterbeispiel für Umweltverträglichkeit zu präsentieren. Der polnische Vizepremier Waldemar Pawlak pumpte Brüssel indirekt um Geld an, damit Polen seine Kanalisation und Abwasseraufbereitung zum Wohle der Ostsee modernisieren könne. Er legte mit geplanten acht Milliarden Euro Kosten auch gleich die Rechnung vor.

Umweltorganisationen wie der WWF oder die finnische Syke sahen den Gipfel positiv, weil es damit gelungen sei, das Thema auf höchste politische Ebene zu bringen. Die Kommission zum Schutz der Ostsee (Helcom) tagt das nächste Mal im Mai in Moskau. (Andreas Stangl aus Helsinki /DER STANDARD, Printausgabe, 11.2.2010)