"Vorwahlzeiten sind kostentreibende Zeiten. Und wenn es ständig Wahlen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gibt, dann führt das zu enormen Kostensteigerungen."

derStandard.at/Pumberger

"Die Situation ist für mich jetzt schon eine, wo wir Finanznöte haben. Wir hatten 2008 mehr als 70 Milliarden an Einnahmen, im heurigen Jahr haben wir nur 57 Milliarden zu erwarten. Das sind 13 Milliarden weniger."

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"Der Assistenzeinsatz kostet 38 Millionen Euro jährlich, es sind 800 Grenzsoldaten im Einsatz und es gibt 9 Aufgriffe."

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"Wir müssen uns anstrengen, möglichst viel für Sicherheit zu tun. Aber mit den dafür ausgebildeten Einheiten. Dass die Anwesenheit der Grundwehrdiener zur Beruhigung der Bevölkerung beiträgt, das mag schon stimmen. Aber diese Beruhigungspille um 38 Millionen ist keine billige Pille."

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"Beim letzten Bauernbundball habe ich mich stundenlang mit dem grünen Abgeordneten Werner Kogler unterhalten. Da kann man in einer anderen Atmosphäre mit politischen Gegnern zusammenkommen. Und das ist für die politische Arbeit durchaus von Vorteil."

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38 Millionen Euro kostet der Assistenzeinsatz des Bundesheeres in der Grenzregion in Niederösterreich und dem Burgenland jährlich. Das sagt Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) im Interview mit derStandard.at. Er habe entsprechende Informationen. Damit widerspricht er Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) deutlich, der zuletzt behauptet hatte, der Einsatz koste 12,5 Millionen Euro jährlich. Lopatka fordert ein sofortiges Ende des Assistenzeinsatzes, denn auch für die Grundwehrdiener stelle er eine "enorme psychische Herausforderung" dar und habe in den letzten zwei Jahrzehnten zu 23 Selbstmorden geführt.

Lopatkas eigentliche Aufgabe ist es, die Verwaltung im Bund und in den Ländern effizienter gestalten. Er hat damit aber so seine Probleme, weil die Landeshauptleute "nicht allzu viel verändern wollen", sagt er. Vor allem dann nicht, wenn Wahlen in den Bundesländern anstehen.

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derStandard.at: Sie kommen aus der Steiermark und obwohl Sie schon seit Jahren in der Bundespolitik tätig sind haben Sie einen starken Bezug zu Ihrem Heimatbundesland. Sind Sie stolz darauf, ein Steirer zu sein? 

Lopatka: Ich bin weder stolz darauf, ein Steirer zu sein, noch stolz darauf, ein Österreicher zu sein, aber glücklich darüber. Ich bin glücklich in Europa geboren zu sein und nicht in Schwarzafrika. Bei uns sind die Chancen für einen Durchschnittsbürger um ein vielfaches höher, als in anderen Teilen der Welt.

derStandard.at: Ich frage deshalb, weil es Stimmen gibt, die meinen, dass die starke Identifikation des Österreichers mit seinem Bundesland der Grund dafür sei, warum es für die Bundespolitik so schwierig ist, Reformen in Hinblick auf eine effizientere Verwaltung über die Ländergrenzen hinweg durchzusetzen. Sehen Sie das auch so?

Lopatka: Da ist sicherlich viel Wahres in dieser Aussage. Man merkt ja auch an der Sprache, dass jedes Bundesland sein eigenes Idiom hat. Wenn man im Ausland Österreicher trifft, auch Leute, die im diplomatischen Dienst sind, definieren sie sich über das Bundesland. Sie stellen sich nicht als Österreicher vor, sondern als Steirer, Wiener oder Tiroler. Deswegen glauben die Vertreter der Länder, also in erster Linie die Landeshauptleute, dass man, was die Verwaltungsstrukturen betrifft, nicht allzu viel ändern soll.

derStandard.at: Aber Sie sind da als zuständiger Staatssekretär anderer Meinung. Woran liegt es, dass bei manchen Ländern der Reformwille fehlt?

Lopatka: Wer gibt schon gerne für seine engsten Mitarbeiter Sonderrechte auf? Der Wiener Bürgermeister wird das beispielweise sehr pragmatisch sehen. Er sagt, ich habe Wahlen am 10. Oktober, auch wenn ich im Finanzausgleich mit meiner Unterschrift einer Pensionsharmonisierung zugestimmt habe, setze ich den Reformschritt nicht um, weil Landtagswahlen vor der Tür stehen. Wenngleich das nur für einen Akademiker auf die Lebenspensionszeit gerechnet mehr als 200.000 Euro an Zusatzkosten schafft.

derStandard.at: Sie haben zuletzt deshalb auch gefordert, dass die Landtagswahlen aller Bundesländer an ein und demselben Tag stattfinden sollen. Was würde das bringen?

Lopatka: Das würde vieles erleichtern. Schauen Sie sich das Verhalten der Landeshauptleute an. Als weiteres Beispiel nenne ich Ihnen die Beamtenbezüge. Bevor wir noch auf Bundesebene begonnen haben darüber zu diskutieren, haben die Landeshauptleute aus Kärnten und Salzburg gesagt, bei uns gibt es eine Nulllohnrunde. Dort waren gerade die Landtagswahlen vorbei. Gleichzeitig hat der Landeshauptmann aus dem Burgenland, wo die Landtagswahlen noch anstehen, gesagt, egal was ihr auf Bundesebene wollt, bei uns gibt es keine Nulllohnrunde. Vorwahlzeiten sind kostentreibende Zeiten. Und wenn es ständig Wahlen zu unterschiedlichen Zeiten gibt, dann führt das zu enormen Kostensteigerungen. 

derStandard.at: Aber wie stellen Sie sich jetzt vor, dass Sie jemals auf einen Nenner mit den Ländern kommen? Sie verfolgen ja offenbar unterschiedliche Interessen.

Lopatka: Das wird nur aus der Not heraus gehen. Die Situation ist für mich jetzt schon eine, wo wir Finanznöte haben. Wir hatten 2008 mehr als 70 Milliarden an Einnahmen, im heurigen Jahr haben wir nur 57 Milliarden zu erwarten. Das sind 13 Milliarden weniger. Wenn wird da nicht bereit sind, auf der Ausgabenseite was zu tun, dann führt uns das in nächster Zeit in eine Sackgasse. Der Bund wird diese riesige Aufgabe, man kann ruhig auch von einer Herkules-Aufgabe sprechen, nur dann bewältigen können, wenn auch Beiträge von den Ländern kommen. Das ist im Verhandlungsweg zu erreichen. Wenn das nicht geht, dann werden die Staatsbürger, unabhängig von ihrer Landesbürgerschaft, die Leidtragenden sein. 

derStandard.at: Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform und dem Finanzausgleich haben Sie vergangene Woche im Interview mit der "Furche" gemeint, der Assistenzeinsatz, der dem Bund sehr viel Geld kostet, bringe nichts. Sie haben das sehr hart formuliert: "Man zählt - überspitzt formuliert - mehr Selbstmorde von jungen Grenzsoldaten als Aufgriffe". Haben Sie diese Aussage im Nachhinein bereut?

Lopatka: Ich wollte zum Nachdenken anregen. Der Assistenzeinsatz hat unseren Informationen zufolge Gesamtkosten in der Höhe von 38 Millionen Euro jährlich. Es sind 800 Grenzsoldaten im Einsatz und es gibt 9 Aufgriffe. Für die jungen Grundwehrdiener ist es eine enorme psychische Herausforderung und das hat in den letzten zwei Jahrzehnten zu 23 Selbstmorden geführt. Auch das sollte man mitbedenken. Steht das dafür?

derStandard.at: Was fordern Sie?

Lopatka: Meines Erachtens sollte der Assistenzeinsatz beendet werden. 

derStandard.at: Auch wenn die Kosten das Land übernehmen würde?

Lopatka: Entweder sehe ich so etwas als sinnvoll an oder nicht. Und ich sehe es als nicht sinnvoll an. Daher wird es nicht besser oder sinnvoller, wenn ein Bundesland die Kosten trägt.

derStandard.at: Die Landeshauptleute von Niederösterreich und dem Burgenland und der Verteidigungsminister stehen stark hinter dem Assistenzeinsatz.

Lopatka: Vielleicht ist es noch zu wenig diskutiert worden. Die Schengen-Außengrenze wird ja von unseren Nachbarn immer effizienter bewacht. Wenn wir das ernst nehmen, dass sich Europa weiter entwickeln soll, dann wird man irgendwann - hoffentlich möglichst bald - unseren Nachbarn zutrauen, dass sie unsere Außengrenze sichern. Ich traue es ihnen zu.

derStandard.at: Aber die Bevölkerung im Burgenland ist froh, dass es die Präsenz des Bundesheeres gibt. 

Lopatka: Wenn die Politik immer genau das macht, was die Bevölkerung will, dann müssten wir schleunigst alle Steuern abschaffen. Das geht auch nicht. Ich bin sehr dafür, dass die richtigen Personen für Sicherheit sorgen. Polizeiliche Aufgaben hat die Polizei zu erfüllen und militärische das Bundesheer. Wir müssen uns anstrengen, möglichst viel für Sicherheit zu tun. Aber mit den dafür ausgebildeten Einheiten. Dass die Anwesenheit der Grundwehrdiener zur Beruhigung der Bevölkerung beiträgt, das mag schon stimmen. Aber diese Beruhigungspille um 38 Millionen ist keine billige Pille.

derStandard.at: Sie haben am Donnerstag den Opernball besucht, am Freitag den steirischen Bauernbundball. Sind Sie ein guter Tänzer?

Lopatka: Das müssen Sie meine Frau fragen.

derStandard.at: Aber Sie besuchen Bälle gerne?

Lopatka: Ich sehe sie als einen Teil meiner Arbeit. Beim letzten Bauernbundball habe ich mich stundenlang mit dem grünen Abgeordneten Werner Kogler unterhalten. Da kann man in einer anderen Atmosphäre mit sogenannten politischen Gegnern zusammenkommen. Und das ist für die politische Arbeit durchaus von Vorteil.

derStandard.at: Am steirischen Bauernbundball war Beatrix Karl, die neue Wissenschaftsministerin, zu Gast. Auch Ihnen wurden Chancen auf den Posten ausgerechnet. Warum sind nicht Sie der neue Wissenschaftsminister geworden - weil Sie ein Mann sind?

Lopatka: Nein, sicher nicht. Als Politiker kann man sich nicht dagegen wehren, wenn Zeitungen ein solches Name-Dropping betreiben. Das muss man bis zum Tag der Entscheidung aussitzen. 

derStandard.at: Ein Posten ist jetzt wiederum frei, der des Generalsekretärs des ÖAAB ...

Lopatka: ... da bewerb ich mich nicht.

derStandard.at: Was die ÖVP noch sucht, ist ein Kandidat für die Bundespräsidentschaftswahl. Wen würden Sie ins Rennen schicken?

Lopatka: Gott sei Dank ist es nicht meine Aufgabe das zu entscheiden.

derStandard.at: Sie haben aber sehr viel Erfahrung als ehemaliger ÖVP-Wahlkampfstratege.

Lopatka: Darüber sollen sich aber die jetzigen Strategen den Kopf zerbrechen. Zurufe von jenen, die früher in solchen Funktionen tätig waren, sind nicht von Vorteil. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 14.2.2010)