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Sven Kramer auf dem Weg zum olympischen Rekord über 5000 Meter.

Foto: REUTERS/Jerry Lampen (CANADA)

Richmond - Beim Blick auf das Tableau verdrückte er ein paar Tränen, dann übermannte ihn die pure Freude: Mit einem kühnen Satz schwang sich Eisschnellläufer Sven Kramer über die Barriere zur Zuschauertribüne und schloss Schwester Brecht und Freundin Naomi van As überwältigt in die Arme. Vier Jahre nach seinem Fehltritt von Turin residiert der niederländische Eis-König nun endlich auch auf dem Olymp.

Mit einer eindrucksvollen Demonstration der Stärke wurde der 23-Jährige seiner Favoritenrolle über 5.000 Meter gerecht. In 6:14,60 Minuten knackte er den Olympia-Rekord seines Landsmanns Jochem Uytdehaage aus dem Jahr 2002 und erkämpfte das 25. Gold für die niederländischen Eisflitzer. Damit erreichte die vor einem Jahr gestartet Operation "Svencouver" bereits ihr erstes Ziel: Ein Sponsor aus der Energiebranche hatte die Strompreise für seine Kunden direkt an die Erfolge des erfolgreichsten Athleten der Eisschnelllauf-Geschichte gekoppelt. Die Kramer-Fans zahlen nun bis zu 200 Euro weniger für ihren Energieverbrauch.

"Das war das beste Rennen meines Lebens. Ich habe mir zwölf Runden lang die Eier aus meiner Hose gelaufen. Nach dem Rennen war ich tot, aber ich wusste: Ich habe alles gegeben", stöhnte Kramer. "Als der Südkoreaner Lee plötzlich so schnell war, dachte ich: Oh Gott, was werden jetzt die anderen bringen? Aber sie waren alle langsamer", meinte "Super-Sven" erleichtert. Tatsächlich war der zweite Platz von Lee Seung-Hoon (6:16,95) die Überraschung des Tages, noch nie war der Südkoreaner bei einem Weltcup auf dem Podium gestanden. Überglücklich war der Russe Iwan Skobrew (6:18,05) über Bronze und küsste unter dem frenetischen Jubel der Fans das Eis.

Unterdessen sangen die 4.500 Oranje-Fans unter den 7.600 Zuschauern im ausverkauften Oval ihr "Svenny bedankt" (Danke Sven) und feierten ihren Helden im Holland-Haus und den Bars von Richmond ausgelassen die ganze Nacht. Für Kramer war es eine Rehabilitierung nach dem Desaster von Turin, als er im Team-Rennen mit einem Ausrutscher alle Gold-Hoffnungen der Oranjes zerstörte. Seit Turin hat Kramer nur ein Langstrecken-Rennen verloren und ist seit November 2007 ungeschlagen.

Zwölf Weltmeister-Titel hat der muskelbepackte Modellathlet in nur drei Jahren gesammelt. Kein Wunder, dass sein Privatteam TVM nichts unversucht ließ, um für ihn optimale Bedingungen zu schaffen. Eine Lichttherapie zur Minimierung des Jetlags gehört ebenso dazu wie das Quartier im Hilton-Hotel abseits des ihm zu stressigen Olympischen Dorfes. Dass sein nicht qualifizierter Teamgefährte Wouter Olde Heuvel eine halblegale Akkreditierung als "Assistenzcoach" erhielt, um Kramer im Training zu pushen, ist Beweis für das gigantische, nur auf Gold orientierte Netzwerk. (APA/dpa)