"Ich habe mich aus dem Favoritenkreis rausgenommen. Aber jetzt ist mir das ganz recht. Ich hoffe, dass sie mich unterschätzen. Ich werde von hinten angreifen. Die Strecke ist vergleichsweise breit, man kann gut überholen. Der Start ist nicht so wichtig" , sagt Markus Schairer, Weltmeister und Weltcupsieger 2009, der sich erst Ende Jänner durch einen schweren Sturz bei den X-Games in Aspen aus dem Favoritenkreis für das olympische Rennen der Snowboard Crosser genommen hatte. "Die Schmerzen werden jeden Tag kleiner" , erzählt der 22-Jährige Vorarlberger, dem es auch recht war, dass am Samstag das Training in Cypress des Regens und des Windes sowie der Schonung der Piste wegen abgesagt wurde. Und er hatte vor, die Übung am Sonntag mit einer kleinen Dosis Voltaren in Angriff zu nehmen.

Beim Training am Freitag stand Schairer erstmals nach dem Unfall wieder auf dem Board. Mit einer großen Dosis Voltaren. Für Österreich starten am Montag auch der Salzburger Mario Fuchs und der Tiroler Lukas Grüner.

Ausgeblendet

Im Gegensatz zu Ski Cross, das bei den Spielen in Vancouver seine olympische Premiere erlebt, war Snowboard Cross in Turin 2006 schon dabei. Schairer verpasste die Qualifikation. "Ich war damals noch nicht so weit" , sagt er und ärgert sich heute noch, dass der ORF damals vor dem großen Finale wegblendete und er nur das kleine sah. Die Crosser lieferten damals eine nette Geschichte. Der US-Amerikaner Seth Wescott hatte die Goldene gewonnen, ehe einen Tag später seine Freundin, die Schweizerin Tanja Frieden, Olympiasiegerin wurde.

Die beiden sind nicht mehr zusammen. Und während Wescott gewillt ist, seine Tat zu wiederholen, beendete Frieden kurz vor den Spielen ihre Karriere. Schuld daran war ein schwerer Sturz im Jänner beim Weltcup in Stoneham, ebenfalls in Kanada, aber drüben in Quebec. Beide Achillessehnen rissen. Grüner und Schairer scheiterten dort im Viertelfinale. Fuchs fehlte, weil es ihn eine Woche zuvor in Veysonnaz, Frankreich, aufs Steißbein gehaut hatte. Dort prellte sich Schairer die Rippen, denen bald darauf noch viel Schlimmeres passieren sollte.

In Aspen brachen drei, zwei wurden angeknackst. Wie das genau passiert ist? "Das weiß ich nur aus Erzählungen." Schairer hatte den ersten Lauf gewonnen, und es wurde ihm erzählt, dass er auch im zweiten knapp geführt hatte, ehe ein Konkurrent in einer Roller-Section mit acht Wellen verschnitt und in seine Richtung stürzte, Schairer drüberfiel und drei weitere Kollegen in den Vorarlberger hineinrasten. Den Erzählungen zufolge wurde zunächst auch eine Schädelverletzung befürchtet, doch die blieb ihm erspart. Bei den X-Games starten sechs Snowboarder pro Lauf, bei Olympia und im Weltcup nur vier, da ist das Gedränge nicht ganz so groß.

Die drei Tage im Krankenhaus in Aspen waren zum Plärren, der große Wunsch, bei Olympia dabei sein zu dürfen, schien sich nicht zu erfüllen. Die Diagnose nach der Heimreise nach Schruns gab frischen Mut: Olympia ist mit den lädierten Rippen aus medizinischer Sicht durchaus machbar, die Schmerzen werden halt groß sein. Ist Snowboard Cross gefährlich? "Schon, aber nicht übermäßig."

Schairer, der als Dreijähriger mit dem Skifahren begann, sich mit sechs erstmals aufs Brett stellte, die Skier mit zwölf endgültig verräumte, hat just auf der Strecke in Cypress seinen ersten Weltcupsieg gefeiert. Das war im Vorjahr anlässlich der Generalprobe.

Das Medaillenrennen beginnt heute mit zwei Qualifikationsläufen, wobei der bessere gewertet wird. Da kommt den Boardern niemand in die Quere, sie sind allein auf der Bahn. Die besten 32 werden dann in Quartette eingeteilt und halbieren sich bis zum großen Finale, in dem nur einer medaillenlos bleibt. (Benno Zelsacher aus Vancouver, DER STANDARD, Printausgabe, Montag, 15. Februar 2010)