Bern/Zürich - Beim Streit um den Kauf von CDs mit Daten über Schweizer Bankkonten von mutmaßlichen deutschen Steuersündern will der deutsche Außenminister Guido Westerwelle die Wogen glätten. Finanzminister Wolfgang Schäuble hingegen beharrt auf dem Kauf der Schweizer Bankdaten. Es gelte Steuerstraftaten und Datendiebstahl gemeinsam eine Riegel zu schieben, sagte Westerwelle gegenüber der "Rheinpfalz am Sonntag". Er wolle seinen Einfluss als Außenminister geltend machen, "dass gerade befreundete Staaten wie Deutschland und die Schweiz hier enger kooperieren als bisher".

Der Vizekanzler äußerte sich erneut kritisch zum umstrittenen Ankauf der Daten. Nicht politische Opportunität, sondern nur der Rechtsstaat dürfe bei der Entscheidung der allein zuständigen Finanzbehörden der Maßstab sein.

Finanzminister Wolfgang Schäuble verteidigte dagegen die Entscheidung zum Kauf der Steuer-CD durch die Bundesländer. Niemand habe ein "gutes Gefühl" dabei, auch er nicht, sagte Schäuble der "Frankfurter Rundschau" vom Samstag. "Aber wir haben auch die Verpflichtung, im Interesse der Gerechtigkeit und des Vertrauens der Menschen in die Fairness unseres Sozialstaates, die Gesetzmäßigkeit der Besteuerung auch im Verwaltungsvollzug durchzusetzen."

Um diesem rechtsstaatlichen Dilemma auszuweichen, empfiehlt der Verwaltungsratspräsident der Großbank Credit Suisse, Hans-Ulrich Doerig, in einem Interview mit Radio DRS Deutschland eine Steueramnestie, wie sie Italien durchgeführt hatte. Eine Steueramnestie könne eine großer Erfolg werden, brauche doch Deutschland angesichts des erwarteten Staatsdefizits von über 110 Mrd. Euro in diesem Jahr dringend Geld. Kurz vor Weihnachten hatte der italienische Finanzminister Giulio Tremonti erklärt, die Amnestie habe rund 90 Milliarden Euro nach Italien zurückgebracht. Rund 80 Prozent von diesem Geld soll in der Schweiz angelegt gewesen sein.

Amnestie

Die deutsche Regierung will bisher von einer Amnestie nichts wissen, sondern setzt auf Selbstanzeigen von Steuersündern. Strafverfolgung und Buße entfallen aber nur, wenn der Reuige den Behörden zuvorkommt. Von der CD mit gestohlenen Kundendaten von Schweizer Banken gehe entsprechender Druck aus, räumte Doerig ein.

Einen automatischen Informationsaustausch über Kundendaten lehnt Doerig wegen des Schutzes der Privatsphäre kategorisch ab. Man könne erst darüber reden, wenn er zum weltweiten Standard werde, wenn auch die USA, Singapur oder Hongkong dabei seien. Die Schweiz solle offensiv die Abgeltungssteuer als Alternative propagieren.

Der automatische Informationsaustausch dürfte aber nach Ansicht des EU-Botschafters in der Schweiz, Michael Reiterer, auch für Kunden der Schweizer Banken Realität werden. Das Land könne sich dem europäischen Trend, langfristig nicht entziehen, sagte Reiterer in einem Interview mit der "Basler Zeitung" und der "Mittelland Zeitung".

Mit der Idee einer Abgeltungssteuer, wie sie Doerig ins Feld führte, kann der EU-Botschafter nichts anfangen. "Die Abgeltungssteuer ist ein Konzept von gestern: Sie hat die Wahrung der Anonymität statt Transparenz zum Ziel." (APA/sda)