Beim Dazugewinnen von Gläubigen tut sich die hiesige katholische Kirche schwer. Der Ruf ist ramponiert und kein Marketingstratege zugegen, der wenigstens bei der Verpackung mit Hand anlegen würde.

Nicht dass swingende Gospel-Aufmärsche kategorisch ansprechender wären als im strengen Ritus gefangene Messen. Aber wie soll man einem geharnischten Gottesdienst im ORF die gespendete "Hoffnung" abnehmen, wenn nebenan, auf Das Vierte, im Licht der kalifornischen Sonne die Reformkirche groovt? Das atonale "Bouquet an Ermutigungen" (ORF-Teletext) aus der kühlen St.-Martins-Kirche verhält sich zu den Joy-Songs in der Crystal Cathedral wie Stockhausen zu Easy Listening.

Klar, für die klimatischen Bedingungen und also die in schwarzen Rollkrägen steckenden eisigen Mienen kann die katholische Kirche wirklich nichts. Gute Laune braucht auch niemand. Aber mit einem derartigen Stimmungstief muss ein Sonntag nicht zwangsläufig begangen werden.

Die Crystal Cathedral rockt derweil in ihrer Hour of Power, als wäre Bill Haley wieder auferstanden. "Lassen Sie sich von Brother Robert Schuller dazu abspornen, dass 2010 Ihr großartigstes Jahr wird." Ein Symphonieorchester ungeahnter Größe gibt dem von über 10.000 Glasfenstern geblendeten Fernsehzuschauer dann den nächsten Wohlfühl-Input.
Aber nicht nur das: Palmendeko nach Feng-Shui, weitläufige Kamerafahrten, die über die friedlichen Gesichter der Zusammengekommenen streifen. Und: Die Hour of Power hilft unterbewusst auch noch dem amerikanischen Immobilienmarkt auf die Beine: "Vergrößern Sie den Platz, auf dem Ihr Zelt steht!" Ja, sicher!  (Margarete Affenzeller, DER STANDARD; Printausgabe, 15.2.2010)