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Der Anglist Skënder Hyseni (54) war ein enger Berater von Ibrahim Rugova, der die Demokratische Liga des Kosovo (LDK) gründete. 1999 war er in Rambouillet und ab 2006 bei den Status-Gesprächen in Wien. Seit April 2008 ist der LDK-Politiker Außenminister. Hyseni ist verheiratet und hat vier Kinder.

Foto: APA/EPA/Xhemaj

Der kosovarische Außenminister Skënder Hyseni erwartet nach der Stellungnahme des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeit des Kosovo mehr Anerkennungen des neuen Staates, sagte er zu Adelheid Wölfl.

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STANDARD: Was erwarten Sie von der Stellungnahme des Internationalen Gerichts über die Rechtmäßigkeit der Unabhängigkeit des Kosovo, die im Juni kommen soll?

Hyseni: Nach der Stellungnahme werden wir mehr Länder sehen, die den Kosovo anerkennen.

STANDARD: Auch EU-Staaten, die das bisher noch nicht getan haben?

Hyseni: Mein Eindruck ist, dass die nichtanerkennenden Staaten freundlichen Druck von anderen erwarten. Griechenland geht in die richtige Richtung.

STANDARD: Serbien will nach der Stellungnahme des Gerichts neue Statusverhandlungen.

Hyseni: Serbien vergeudet seine Zeit und unsere Zeit. Und schafft Zeit für alle möglichen verrückten Szenarien in der Region. Wenn man, nachdem der Kosovo von 65 Staaten anerkannt wurde und staatliche Institutionen aufgebaut hat, nach neuen Verhandlungen ruft, zeugt das entweder von einer Ignoranz der Fakten oder noch schlimmer: Das sind Leute, die versuchen, die Region zu destabilisieren. Serbien kann nicht auf der einen Seite die EU-Mitgliedschaft beanspruchen und auf der anderen Seite ein Faktor der Destabilisierung für den Westbalkan sein. Serbien ist in Brüssel sehr europäisch, aber auf dem Balkan überhaupt nicht europäisch.

STANDARD: Wenn Serbien und der Kosovo nicht kooperieren, können beide nicht in die EU. Ist so etwas wie der Grundlagenvertrag zwischen BRD und DDR die Lösung?

Hyseni: Ich glaube nicht, dass man das auf Serbien und den Kosovo anwenden kann. Während es in Deutschland um eine gemeinsame Nation, ethnische und sprachliche Gruppe ging, die nach dem Krieg geteilt wurde, war das hier nicht der Fall. Beim letzten Treffen des Sicherheitsrats habe ich gesagt - und mich damit gewissermaßen auch an Präsident Tadić gewandt -, dass wir uns nicht an Serbien richten, damit es jetzt den Kosovo formell als unabhängigen Staat anerkennt. Aber wir fragen Serbien, mit uns über alles, was die Zusammenarbeit erleichtern und ein besseres Verständnis bringen würde, zu sprechen. Alles außer dem Status. Die Unabhängigkeit des Kosovo kann nicht wegverhandelt werden. Punkt.

STANDARD: Der kosovarische Staat hat im Norden keine Durchsetzungsmacht. Was tun?

Hyseni: Es ist wahr, dass es im Norden Probleme gibt, die gelöst werden müssen. Und deshalb arbeiten wir sehr eng mit dem Internationalen Zivilen Repräsentanten (ICO) und Eulex zusammen, um Recht und Ordnung wiederherzustellen. Allmählich. Wir glauben auch, dass die Zeit gekommen ist, dass die internationale Präsenz im Kosovo völlig klargestellt wird. Das heißt, dass die UN-Mission Unmik ausläuft und Eulex übernimmt. Man kann nicht effektiv sein, wenn man zu viele Akteure hat, die denselben Job machen.

STANDARD: Wann kann der Kosovo ein Assoziierungsabkommen mit der EU bekommen?

Hyseni: Weil diese Frage mit der Nichtanerkennung durch einige EU-Staaten verbunden ist, müssen wir diese Staaten überzeugen. Man kann kein schwarzes Loch auf dem Balkan schaffen, indem man den Kosovo draußen lässt. Der Kosovo ist fortgeschritten, was Gesetzgebung und Reformen betrifft. Da gibt es nicht viel Unterschied zu Serbien.

STANDARD: Wann wird der Kosovo der EUbeitreten? 2020?

Hyseni: Ich bin optimistisch, dass wir schon vorher drinnen sind. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2010)