Brüssel/Athen/München - Beratungen der Eurozonen-Finanzminister gehen am Dienstag in die nächste Runde. Dabei soll morgen über den Sparplan Griechenlands abgestimmt werden, den die EU-Kommission bereits genehmigt hatte.
Ein Ausschluss aus der europäischen Währungsunion darf nach Ansicht des Finanzexperten Wolfgang Gerke kein Tabu sein. Die Regularien sollten entsprechend geändert werden, sagte Gerke im Bayerischen Rundfunk mit Blick auf die Schuldenkrise in Griechenland. "Wenn ein Land sich nicht eurowürdig zeigt, dann muss man auch Konsequenzen ziehen dürfen." Der Präsident des bayerischen Finanz-Zentrums will "im Vertrag auch Austrittsmöglichkeiten schaffen." Für Griechenland könnte das sogar ein Vorteil sein. Das Land würde für Touristen billiger, auch im Export gäbe es bessere Konditionen.
Mit Blick auf weitere Sorgenkinder wie Spanien, Portugal und Irland sagte Gerke, es sei irgendwann die Grenze erreicht, wo man sagen müsse, es macht keinen Sinn, dass bestimmte Länder mit ihrer Schuldenpolitik weiter im Euro gehalten werden. Der Euro müsse im Interesse aller eine starke Währung bleiben.
Warnung vor großzügigen Hilfen
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt indes vor großzügigen Hilfen für das krisengeschüttelte Griechenland. "Es wäre ein fatales Signal, Griechenland bedingungslos zu helfen", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben, der "Frankfurter Rundschau" vom Montag. "Andere Länder mit ähnlichen Schwierigkeiten würden dann ihrerseits ermutigt, in ihren fiskalischen Anstrengungen nachzulassen." Der DIHK erachte die "Ansteckungsgefahr" einer solchen Aktion als hoch. Schlimmstenfalls käme es zu Kettenreaktionen teurer Rettungsmaßnahmen für andere Länder.
Der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, hatte am Wochenende einen Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone strikt abgelehnt. Das hätte "erdbebenartige, unkontrollierbare Folgen" und würde Griechenland in die Nähe des Staatsbankrotts bringen. "Die Finanzmärkte würden extensiv negativ reagieren. Der Ausstieg wäre das totale Aus für Griechenland." Auch für das Image der Euro-Zone wäre das absolut negativ.
Noch härtere Sparauflagen
Die Euro-Finanzminister beraten heute Montag über ein EU-Sparprogramm für Griechenland, über das am Dienstag die EU-Ressortschefs beschließen wollen. Nach Informationen des "Handelsblatt" dringt die EZB darauf, dass die EU den Griechen für 2010 noch härtere Sparauflagen macht als bisher vorgesehen. Eine Mehrheit der EU-Finanzminister sei jedoch dagegen.
Österreichs Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) zeigte sich heute überzeugt, dass die EU und die Euro-Zone diese Herausforderung gemeinsam bewältigen werden. Der Ball liege bei Griechenland, wo interne Reformen durchgeführt werden müssten. Griechenland stehe vor einer Herausforderung wie kein anderes Land in der Euro-Zone, sagte Pröll im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radio.
Wenig Verständnis zeigt Pröll für die innergriechischen Proteste gegen die angekündigten harten Sparmaßnahmen. "Nur mit Demonstrationen zu drohen oder mit Reformunwilligkeit zu argumentieren löst noch lange keine Bereitschaft bei den anderen aus, eher Unverständnis als Geldzahlungen aus anderen Ländern."
Die griechische Regierung ist aber nach Worten von Finanzminister Giorgos Papaconstantinou ohnedies zu weiteren Sparmaßnahmen bereit: "Wenn zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, werden wir sie ergreifen." Seine Regierung versuche, den Kurs der Titanic umzusteuern. Dies sei nicht innerhalb eines Tages möglich. Der Finanzminister verlangte aber von der EU "eine klare Botschaft", wie sie im Notfall helfen will. Zugleich warnte er, dass die Spekulationen, denen Griechenland an den Finanzmärkten derzeit ausgesetzt sei, jederzeit auch andere europäische Länder erfassen könnten. Was als griechisches Problem begonnen habe, sei zu einem europäischen Problem angewachsen.
Verschleierungshilfe unter der Lupe
Die griechische Regierung soll zudem nach dem Willen der EU-Kommission ihre komplizierten Finanztransaktionen zur Verschleierung ihres Schuldenberges offenlegen. Die Kommission habe Griechenland eine Frist bis Ende Februar für nähere Auskünfte gesetzt, wie die Währungsgeschäfte sich seit 2001 auf die Bilanzen ausgewirkt hätten, sagte ein Sprecher am Montag. Angesichts gefälschter Bilanzen will die EU außerdem ihren Mitgliedern bei Statistiken strenger auf die Finger schauen. (Reuters/red)