Bild nicht mehr verfügbar.

Eric Schmidt

Foto: Reuters

Können Sie sich noch an die Zeit erinnern, da E-Mails auf dem Handy zu lesen noch eine kleine Sensation war und man zum Laden einer Website Zeit und Geld verschwendete? Wer sich mit Motorolas Droid, dem iPhone, einem Blackberry oder dem Nexus One auf den mobilen Datenhighway einklinkt wird diese Zeit möglicherweise schon vergessen (oder verdrängt) haben. Dabei liegt sie erst wenige Jahre zurück. Diesen Wandel rief Google CEO Eric Schmidt im Rahmen seiner Keynote auf dem Mobile World Congress in Barcelona am Dienstag Abend in Erinnerung. Smartphones sind zum wichtigsten Computing-Endgerät avanciert. „Mobile First" lautet daher das Schlagwort des Konzernriesens aus Mountain View.

„It's magic"

Schmidt, der zu den verspielteren Unternehmensgründern Larry Page und Sergey Brin den Business-Gegenpart bildet, hat keine Showman-Qualitäten wie Steve Jobs oder Steve Ballmer. Inhaltlich liegen die Konzerne aber nicht weit auseinander. „It's magic" versicherte Schmidt mehrmals in Apple-Manier, als er auf die Möglichkeiten aktueller Smartphones hinwies. Dass er dabei allen voran Googles eigenes Betriebssystem Android als Triebfeder der Innovationen meint, versteht sich von selbst. „Wir haben etwas geschaffen, das fundamental für die Existenz ist - der Zugriff auf Informationen", führte der Google-CEO weiter aus. Denkt man dabei an etwas Banales die Suche nach dem nächsten Sushi-Lokal ums Eck, mag das reichlich übertrieben klingen. Die Informationen, die Google beispielsweise mit Maps und Earth nach den verheerenden Erdbeben in Haiti umgehend bereitstellte, lassen diese Ansage aber wieder in einem anderen Licht erscheinen.

Daten in der Cloud

Dreh- und Angelpunkt um diesen Informationsabruf und -austausch sind mobile Plattformen und die Cloud. Daten werden immer seltener direkt auf den Endgeräten gespeichert, sondern über Dienste wie Social Networks, Gmail oder Fotoplattformen wie Picasa und Flickr ständig verfügbar gemacht. Für den Desktop stellt Google seine Produkte und Dienste zwar auch bereit, doch die mobile Nutzung geht voran. Um die Stärke der Cloud ausspielen zu können, bedarf es innovativer Apps. Die Anwendungen sollen ein Smartphone persönlicher, interaktiver und lokaler machen - ähnliche Worte waren auch von Microsoft-CEO Ballmer bei der Präsentation von Windows Phone 7 zu vernehmen. „Das Handy weiß wer ich bin und wo ich bin, in Zukunft könnten Apps vielleicht sogar voraussagen wohin ich gehen möchte", wies Schmidt auf das Zukunftspotential der Smartphones hin - nicht ohne den Hinweis, adressiert an die Datenschützern, zu vergessen: „solange man das auf Wunsch ausschalten kann".

Übersetzung mit Goggles

„Dein Handy kann sehen und hören", hieß es in einem kurzen Videoclip zu Beginn der Veranstaltung „es kann dich in einen Cyborg verwandeln." Im Rahmen der Keynote wurde dann auch ein kleiner Ausblick auf die nähere Zukunft gegeben. So wurde die Spracherkennung von Android demonstriert und eine Preview auf die Spracherkennung in Deutsch gegeben. Ebenfalls einen ersten Einblick hat das Publikum in die Übersetzungs-Funktion von Google Goggles erhalten. Damit kann Text beispielsweise auf Speisekarten oder Straßenschildern mittels der Handykamera und Goggles übersetzt werden. Google arbeitet zudem an der Übersetzung von Sprache während eines Telefonats. „Und vielleicht analysiert der Arzt in Zukunft auch anhand ihres Hustens über das Telefon wie lange sie noch zu leben haben", scherzte Schmidt. In den Demos funktionierte freilich alles wunderbar. Wer aber schon einmal Googles Übersetzungsfunktion - oder die irgendeines anderes Dienstes - verwendet hat, wird diese Ausblick wohl mit etwas Skepsis betrachten. Etwas greifbarer war die Ankündigung von Flash 10.1 für Android und die Demonstration von Google Earth auf der Plattform.

Provider mehr als „dumb pipes"

In der Fragerunde anschließend an die Keynote bewies Schmidt Schlagfertigkeit und bemühte sich  Googles Mantra „don't be evil" hoch zu halten. Auf den Kommentar aus dem Publikum, dass Google mit der VoiP-Anwendung den Mobilfunkern Sprachminuten stehle, konterte Schmidt - über die Formulierung sichtlich etwas baff - dass man selbes auch von SMS sagen könnte. Auf den Vorwurf eines Zusehers, dass Google aus Providern „dumb pipes" mache - also stupide Leitungen nur für die Übertragung von Daten ohne weiteren Zusatznutzen für den Kunden - meinte Schmidt, dass Google vom Geschäft der Provider stark abhängig sei und fortschrittliche Netzwerke wichtig seien. Weiters betonte der CEO, dass sich Google nicht zu einem Content Provider wandeln werde, sondern nur die Plattform bereitstellen wolle. (Birgit Riegler aus Barcelona, derStandard.at 16. Februar 2010)