"Die Organisation der Ausbildung prägt die Persönlichkeit eines Absolventen." (Karin Schweinegger, InterContinental Wien)

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"Es gibt noch sehr wenige Erfahrungen mit den neuen Titeln Bachelor und Master. In den nächsten Jahren werden diese Ausbildungen auf jeden Fall Einzug in die unternehmensspezifische Einstiegs- und Karriereplanung finden." (Georg Horacek, OMV)

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"Wir hinterfragen zwar Details der Ausbildung beim Interview, letztendlich spielt das aber keine Rolle im Vergleich zur persönlich-sozialen Kompetenz." (Claudia Platzner, STRABAG)

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derStandard.at befragte die Unternehmen InterContinental Hotels Group, STRABAG, Hofer KG und OMV nach der Relevanz von akademischen Graden bei der Personalauswahl.

derStandard.at: Unterscheiden Sie bei Bewerbungen zwischen "alten" akademischen Graden, wie Magister oder Diplom-Ingenieur, und "neuen" Graden, wie Master oder Bachelor?

Karin Schweinegger, Director of HR InterContinental Wien bzw. Area Director of HR der InterContinental Hotels Group für die Region Central Europe: Der Titel spielt keine so große Rolle. Wenn, dann kommt er eher im direkten Vergleich der Bewerber zum Tragen. Es lässt sich aber nicht leugnen, dass unterschiedlichen Titeln und der damit einhergehenden Ausbildung eine unterschiedliche Herangehensweise zugeschrieben wird - Stichwort theoretisch ausgerichtete versus praxisnahe Ausbildung. Aber das betrifft eher den Unterschied zwischen Fachhochschulen und Universitäten.

Claudia Platzner, Leiterin der Personalentwicklung bei der STRABAG und Hans Mörwald, Generaldirektor der Hofer KG: Wir machen keinen Unterschied.

Georg Horacek, Senior Vice President Corporate Human Resources bei der OMV: Der neue Master dürfte etwas über den alten, bisherigen Magister hinausgehen. Allerdings gibt es noch sehr wenige Erfahrungen mit den neuen Titeln Bachelor und Master. In den nächsten Jahren werden diese Ausbildungen auf jeden Fall Einzug in die unternehmensspezifische Einstiegs- und Karriereplanung finden.

derStandard.at: Ist ein akademischer Titel Voraussetzung, wenn ich mich in Ihrem Unternehmen für eine anspruchsvolle Position mit Aufstiegschancen bewerben will?

Schweinegger: Letztendlich zählt für anspruchsvolle Stellenbesetzungen in der InterContinental Hotels Group immer die Kombination aus Ausbildung und Berufserfahrung. Der ideale Kandidat verfügt über beides. Je höher das Level der Ausbildung, desto größer die Chancen. Eine akademische Ausbildung allein, ohne jede Berufserfahrung wie Praktika in einer relevanten Branche, macht eine Abschätzung der Eignung für einen Einsatz auf hohem Niveau schwierig.

Platzner: Der akademische Grad alleine ist nicht ausschlaggebend. Die fachlichen Anforderungen an einen Bewerber können sowohl aufgrund eines Studiums und/oder aufgrund von Berufserfahrung abgedeckt sein. Neben den fachlichen Voraussetzungen sind auch die Persönlichkeit des Bewerbers bzw. dessen soziale Kompetenzen, Engagement und Lernbereitschaft für eine mögliche Einstellung ausschlaggebend.

Mörwald: Ein akademisches Studium ist Voraussetzung für eine Berufslaufbahn im Top Management der Hofer KG.

Horacek: Ein akademischer Grad ist für uns eine wesentliche Vorraussetzung hinsichtlich einer Bewerbung für eine anspruchsvolle Position im Managementbereich. Die OMV sucht als international tätiges Unternehmen laufend nach top-qualifizierten Mitarbeitern. Eine fundierte Ausbildung mit internationaler Ausrichtung im technischen Bereich ist ein wesentlicher Grundstein um erfolgreich in der Energiewirtschaft Fuß zu fassen.

derStandard.at: Wenn sich jemand als Bachelor bewirbt, wie bewerten Sie diesen Abschluss in Ihrem Unternehmen? Wird ein Magister klar über dem Bachelor eingestuft?

Schweinegger: Ein Bachelor-Grad zeigt, dass sich der Bewerber auch theoretisch und inhaltlich intensiv mit einem Fachgebiet auseinandergesetzt hat und eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, was auch Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zulässt.
Ob der Magister klar über dem Bachelor eingestuft wird, hängt vermutlich davon ab, welchen Ausbildungsweg die für die Einstufung Verantwortlichen selbst gegangen sind und wie sie diese gewichten. Man darf nicht vergessen, dass die Mindeststudiendauer für einen Bachelor, im Vergleich zum Magister, kürzer ist. Damit geht eine Komprimierung bzw. Reduzierung der Lehrinhalte einher, was sich wiederum auf die höhere Einstufung des Magisters gegenüber dem Bachelor auswirkt.

Platzner: Es ist ein Studiumsabschluss, der "unter" dem Abschluss Master bewertet wird. Die Bachelor-Absolventen werden in der Vorauswahl je nach ihrer vorausgegangenen Schulausbildung bzw. den absolvierten Praktika betrachtet.
Der Titel Magister wird besser angenommen und über dem Bachelor eingestuft.

Mörwald: Wir bewerten nicht den Titel, sondern die Performance des Kandidaten.
Ob der Magister klar über dem Bachelor eingestuft wird, können wir nicht bestätigen, aber wir besitzen diesbezüglich auch noch keine aussagekräftigen Erfahrungen.

Horacek: Der Bachelor stellt im Vergleich zum "klassischen" Magister eine kürzere Ausbildung dar. Wir werden in der OMV entsprechende Einstiegs- und Entwicklungswege für Bachelor-Absolventen definieren, insbesondere wenn ein Bachelor neben seiner Berufstätigkeit einen Master-Abschluss anstreben möchte.

derStandard.at: Seit Jänner 2010 ist der Zusatz "FH" nach dem jeweiligen Titel für Fachhochschulabsolventen passé. Macht es für Sie einen Unterschied, ob ein neuer Mitarbeiter Master (FH) oder Master ist?

Schweinegger: Wir fragen nur dann danach, wenn es für die Position von Bedeutung ist. Grundsätzlich ordnen wir diese Titel unterschiedlich ein. Fachhochschulen wird mehr Praxisnähe in einem eher schulisch orientierten Umfeld zugeschrieben. Wer ein Universitätsstudium absolviert hat, bringt dafür andere Erfahrungen ein. Das soll nicht wertend sein, beides hat Vorteile. Das Universitätsstudium ist zumeist inhaltlich umfassender und das analytische Denkvermögen durch den wissenschaftlichen Ansatz der Universitäten stärker ausgeprägt. Außerdem zeichnen sich Universitätsabsolventen durch höhere Eigenverantwortlichkeit und Selbstmotivation aus. In Bereichen, in denen solche Eigenschaften gefragt sind, hat der FH Absolvent möglicherweise einen Nachteil.

Die Organisation der Ausbildung prägt die Persönlichkeit eines Absolventen. Künftig wird es darauf ankommen, wie sich die Lehre an den Universitäten in den nächsten Jahren entwickelt und ob es gelingt, die Vorteile beider Ausbildungswege erfolgreich miteinander zu verknüpfen.

Platzner: Wir hinterfragen zwar Details der Ausbildung beim Interview, letztendlich spielt das aber keine Rolle im Vergleich zur persönlich-sozialen Kompetenz.

Mörwald: Da wir nicht nur nach dem Titel fragen, sondern selbstverständlich auch nach entsprechenden Ausbildungsurkunden, erhalten wir ein umfassendes Bild über die Qualifikationen eines Bewerbers.

Horacek: Die OMV unterscheidet bezüglich Berufseinstieg, Gehaltsniveau und Entwicklungsperspektiven nicht zwischen "klassischem" Magister und Magister (FH). Für den Unterschied Master(FH) und Master wird dies ebenso gelten.
(Eva Tinsobin, derStandard.at, 25.2.2010)