Zur Autorin: Evemarie Wolkenstein ist Ärztin für Allgemeinmedizin und Präsidentin des Vereins für komplementäre Präventionsmedizin.

Institut Wolkenstein

Foto: Evemarie Wolkenstein

Vor mir sitzt eine 35-jährige Frau, die seit fünf Jahren rezidivierend unter Blutungsschmerzen leidet. „Wie wenn man einen Schalter umdreht", beschreibt die Patientin den Beginn ihrer Beschwerden. Bereits eine Woche vor jedem Blutungsbeginn kämpft die Frau mit einem schmerzhaften Spannungsgefühl in beiden Brüsten, fühlt sich aufgedunsen und bringt dabei regelmäßig zwei Kilo mehr auf die Waage. In den ersten beiden Menstruationstagen gesellen sich krampfartige Schmerzen im Unterbauch dazu, die in den Rücken ausstrahlen und die Patientin ohne Schmerzmitteleinnahme in den Krankenstand zwingen. Yoga und andere Entspannungsmaßnahmen waren der Schmerzreduktion bisher nicht zweckdienlich. Mit der Hoffnung auf Hilfe durch Akupunktur, wurde sie in meiner Praxis vorstellig.

In der Chinesischen Medizin lautet das Ziel jeder Therapie: „behandle die Wurzel des Problems". Das ist nicht immer ganz einfach, insbesondere dann, wenn Erkrankungen bereits chronisch über mehrere Jahre bestehen. Im Fall meiner Patientin bereitete die Ursachenfindung im Sinne der TCM keinerlei Schwierigkeiten. Selbsttherapeutisch hat die junge Frau bereits instinktiv richtig gehandelt. Das Auflegen einer Wärmflasche brachte eine Linderung ihrer Beschwerden. Aus traditionell chinesischer Sicht ist die „Kälte" als ursächliches Problem hier klar definiert.

Erwärmung gefragt

„Wie kommt die Kälte in meine Gebärmutter", fragte mich die Patientin. Sitzen auf kalten Gegenständen, nasse und häufig kalte Füße, Baden in kalten Gewässern und generell Erkältungen kommen als Ursachen in Frage. Die Ernährung spielt ebenfalls eine große Rolle. Obst, Salate und rohes Gemüse verbrauchen beim Verdauungsvorgang viel Energie und geben ihrerseits dem Körper kaum Energie zurück. Das Ergebnis ist ein Wärmedefizit im Organismus, der sich durch ständiges Frieren und Abneigung gegen Kälte, sowie Verlangen nach Wärme bemerkbar macht. 

Akupunktur ist als Schmerztherapie in Österreich vom Obersten Sanitätsrat anerkannt. Als Alternative zur konventionellen Schmerzmittelmedikation hat sie sich bereits bewährt. In der Kombination mit Moxibustion eignet sich die Akupunktur in der Therapie von „Kälteerkrankungen" besonders gut. Ein speziell fermentiertes Beifuss-Kraut wird dabei angezündet und die Wärme über die Akupunkturnadel in die Tiefe der Muskulatur geleitet. In die sicher Auswahl kommen Punkte am Nieren- und Blasenmeridian, sowie ein Punkt an der Lendenwirbelsäule, der dem zweiten Chakra nach der indischen Philosophie entspricht. Die Wärme wird als sehr angenehm empfunden und besitzt im Prinzip denselben Effekt, wie die Wärmflasche der jungen Patientin. 

Natürlich ist nicht zu erwarten, dass jahrelang anhaltende Beschwerden, nach einer Behandlung endgültig verschwinden. Die junge Frau kam im Abstand von drei Wochen wiederholt in meine Praxis. Im Zeitraum dazwischen konsumierte sie eine Chinesische Kräutermischung in Form von Tee. Die Kräuter wurden individuell zusammengestellt. Wärmende Arzneien, wie Zimtrinde, Ingwer und Qi-stärkendes Ginseng waren Teil der Rezeptur. Die Patientin war nach drei Sitzungen beschwerdefrei. (derStandard.at, 03.2010)