In einem Raum wird darüber diskutiert, ob die Grünen im Wahlkampf so wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf Clubbings gehen sollen. In einem anderen, wie man Solarenergie am besten "von der Hausfassade erntet". In einem dritten Raum, ob Cannabis legalisiert werden soll oder nicht. Es ist Samstagnachmittag und die Wiener Grünen haben ihre Zentrale im 7. Bezirk geöffnet, um nicht nur mit Parteimitgliedern Pläne für den Wahlkampf zu schmieden. Circa 100 Leute sind zum so genannten Grüncamp gekommen. Grüncamp leitet sich vom Begriff Barcamp ab. Der Ausdruck kommt aus der Web-Community und ist eine Art Vernetzungstreffen, bei dem Ideen präsentiert werden.

Einer der Initiatoren des Nachmittags ist Klaus Werner-Lobo, der bei der Wahl am 10. Oktober als Neuling für den Gemeinderat kandidieren wird. Er will mit dem Grüncamp "andocken an das, was schon an Wahlkampfplanung existiert". 

Die besten Ideen wollen die Grünen aufgreifen, unterstützen und umsetzen. Dabei gilt es auch gewisse Kriterien zu erfüllen. Zum Beispiel, soll sich die Idee in die bestehende Wahlkampfplanung einbetten lassen und mit "verhältnismäßigem Ressourceneinsatz" umsetzbar sein. "Mein Traum ist es, dass jeder selbst zum Politiker wird und jeder Gestalter seines eigenen Umfelds ist", sagte Werner-Lobo. 

170.000 potentielle Wähler

Auch die Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou betonte am Samstag, wie dringend die Hilfe eines jeden einzelnen Sympathisanten sei. Denn sie alleine werde es nicht schaffen, die Menschen zu überzeugen, Grün zu wählen. Da könne sie "noch so viele Reden halten".

Vassilakou geht von einem Potential von 170.000 Grün-Wählern aus - das sind jene Wiener, die schon irgendwann einmal in ihrem Leben die Partei gewählt haben. Diese Menschen dazu zu bewegen, wieder grün zu wählen, das ist mehr oder minder auch Vassilakous erklärtes Ziel bei der Wien-Wahl: "Da haben wir dann weit über 20 Prozent." Sie wünscht sich, dass am Wahltag bei der Ergebnisverkündung im Rathaus viele strahlende Gesichter seitens der Grünen zu sehen sein werden, "und nicht nur beim Strache".

Vorwähler: Happy End vs. Never-Ending-Story

Dass die Veranstaltung nun das Happy End nach den Tumulten vom vergangenen Jahr im Zusammenhang mit den Grünen Vorwählern sei, will Vassilakou im Gespräch mit derStandard.at nicht bestätigen. Für sie ist der Austausch mit externen Sympathisanten vielmehr eine "Never-Ending-Story". Es gehe immer wieder darum, neue Menschen in die Bewegung einzubinden.

Bei den Grünen Vorwählern handelt es sich um eine Gruppe von Menschen, die sich im Internet organisiert haben, um bei der Listenwahl der Grünen stimmberechtigt zu sein. Das große Interesse sorgte für parteiinterne Debatten.

Nach der Vorwähler-Bewegung zieht Vassilakou nun aber positive Bilanz: am Ende habe sich gezeigt, dass es sich um den "nächsten Wachstumsschub" bei den Grünen gehandelt habe. Mit der Ansage "Schlussendlich sind wir alle Grüne" will sie jetzt auch die Vorwähler dazu motivieren, im Wahlkampf mitzuarbeiten.

Auch Werner-Lobo ist einer derjenigen, die bei der Vorwähler-Bewegung mitmischten. Er spricht an, dass damals nicht alles reibungslos funktioniert habe und sieht Fehler in der Kommunikation.

Jury entscheidet

Schlussendlich kommen am Samstag auch einige Ideen zustande. Eine Dame schlägt vor, einen Button mit dem Spruch "Ich bin eine Grüne, bitte fragen Sie mich warum" zu gestalten, andere wollen quasi als Gegenveranstaltung zu Straches berühmt-berüchtigten Comics zu einer "24 Stunden Comics gegen rechts"-Aktion einladen. Eine dritte Gruppe schlägt vor, im Bereich energieschonender Mobilität Akzente zu setzen: Elektroscooter und -fahrräder sollen gratis zur Verfügung gestellt werden. Eine weitere Idee ist, im Wahlkampf Beisltouren zu machen.

Darüber, welches Projekt auch finanziell unterstützt wird, entscheidet eine Jury. Im Laufe der kommenden zwei Wochen soll das Ergebnis feststehen. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 21.2.2010)