Pünktlich um elf Uhr nahmen die Banken-Vertreter am Montag im Ministerrats-Sitzungssaal des Kanzleramts Platz.

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Neben Gastgeber Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und den Vorstandschefs der Großbanken (im Bildhintergrund Erste-Group-Boss Andreas Treichl) nimmt auch Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP; Bild), OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny sowie die Chefs der FMA, Helmut Ettl und Harald Pribil, am Gipfel teil.

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Ausreichend Diskussionsstoff liegt für den Bankengipfel am Montag im Bundeskanzleramt vor. Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat ihre "ökonomische Analyse" einer Bankenabgabe vorgelegt, wie sie Bundeskanzler Werner Faymann befürwortet. Er geht von einem Steuersatz von 0,07 Prozent der Bilanzsumme aus.

Als maximalen Erlös für den Bundeshaushalt errechneten die Notenbanker 911 Millionen Euro. Darin enthalten sind freilich nicht nur alle österreichischen Geldinstitute, sondern der gesamte Finanzsektor, also auch Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften. Lässt man Letztere außen vor, würde das Steueraufkommen auf 769 Millionen Euro schrumpfen. Als Bemessungsgrundlage dienten der OeNB die konsolidierten Bilanzsummen abzüglich des Kernkapitals (Tier-1) der Banken im dritten Quartal 2009.

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Wien - Am Montag, 11 Uhr, finden sich Österreichs Bankchefs zum "Bankengipfel" auf dem Ballhausplatz ein. Kanzler Werner Faymann will die Geldhäuser per Bankenabgabe (0,07 Prozent der Bilanzsumme, nach jüngsten Informationen des Bundeskanzlers ist dieser Satz aber "diskutabel" ; siehe Bericht unten) zu einem Budget-Obolus verdonnern.

Die Diskussionsgrundlage heißt "Ökonomische Analyse des Vorschlags zur Einhebung einer Bankenabgabe in Österreich" , umfasst 61 Seiten und stammt von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Fertiggestellt wurde die dem Standard vorliegende Analyse am Freitagabend - nach Politiker-Zurufen vor allem aus ÖVP-Kreisen, die erste OeNB-Rechenmodelle für "angreifbar und tendenziös" gehalten und weitere gefordert haben sollen.

Bilanzsummen legten stark zu

Die Rahmenbedingungen, unter denen die Banken arbeiten, beschreibt die OeNB so: Die Bilanzsumme wuchs in den vergangenen zehn Jahren um 112 Prozent, dreimal so stark wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP). 1995 betrug die konsolidierte Bilanzsumme aller Banken das 2,7-Fache des BIP, 2008 schon das 3,9-Fache.

Die bisherigen budgetären Kosten des Bankenhilfspakets der Republik (7,4 Mrd. Euro für Eigenkapital und Garantien) hätten den Bund 200 Mio. Euro Zinsen (für die Schuldenaufnahme) gekostet, im Vorjahr aber 263 Mio. Euro Dividenden und 217 Mio. Euro Haftungsentgelt eingespielt, also die Aufwendungen "mehr als kompensiert". Nicht inkludiert: Die Mehrbelastung des Bundes durch gestiegene Refinanzierungskosten. Die Schuldenquote Österreichs wird von 60 Prozent (2007) auf 77 Prozent 2011 steigen.

Die Eigenmittelausstattung von Österreichs Banken (sie wird gemäß Basel-III künftig höher sein müssen) sei "im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich" . Beim Kernkapital (Tier-1) seien in der EU 2008 nur portugiesische und italienische Banken noch schlechter dagestanden als österreichische; auch 2009 habe sich daran "wenig geändert" . Die Steuern, die die Banken inRelation zum Gewinn an den österreichischen Fiskus abführen, hält die OeNB für "niedrig" . In- und Ausland zusammengerechnet, betrage der effektive Steuersatz 15 Prozent; man liege damit im "unteren Mittelfeld der OECD-Länder".

"Volkswirtschaftlich unerwünschte Effekte nicht auszuschließen"

Viel Platz in politischer Diskussion und Studie nimmt die Frage ein, wie sich gesetzlich steigende Eigenmittelerfordernisse und Bankensteuer auf die (in Krisenzeiten laut OeNB "eminent bedeutende" ) Kreditvergabe auswirken würden. Laut OeNB ist das Wachstum der Kreditvergabe der Banken seit Beginn des Vorjahres "massiv" zurückgegangen.

Sollte die Bankenabgabe nicht nach außen abgewälzt werden, würde "die Reduzierung des Eigenkapitals um je 100 Mio. Euro eine Reduzierung des Spielraums bei der Kreditvergabe um je 1,25 Mrd. Euro bedeuten" . Wie die Banken "tatsächlich" reagieren würden, sei aber nur "empirisch zu beantworten". Jedenfalls seien in dem Konnex "volkswirtschaftlich unerwünschte Effekte einer Bankenabgabe nicht auszuschließen", so die OeNB.

Die Einnahmen aus einer Bankensteuer beziffert die OeNB in einer "grobenSchätzung" und verschiedenen Rechenmodellen mit 432 Mio. bis 911 Mio. Euro. Würden alle Banken, Versicherer und Kapitalanlagegesellschaften (KAGs) - also der gesamte Finanzsektor - mit 0,07 Prozent zur Kasse gebeten (Bemessungsgrundlage: Bilanzsumme minus Kernkapital), ergäbe das auf unkonsolidierter Datenbasis 825 Millionen Euro im Jahr; auf konsolidierter Basis 911 Millionen Euro. Versicherungen und KAGs ausgenommen, ergäben sich 769 Mio. Euro Steueraufkommen. Am geringsten wären die Einnahmen, würden nur die Banken besteuert und neben dem Kernkapital auch die Spareinlagen von der Bilanzsumme abgezogen: 432 Mio. (siehe Grafik).

Warnung vor Bilanzflucht

Vorausgesetzt, die Banken würden nicht weiteres Geschäft "off balance" verlagern. Die "Flucht aus der Bilanz" sei "zu vermeiden; eine Förderung dieser Trends durch eine auf Einzelbilanzen ausgerichtete Steuer (unkonsolidiert; Anm.) wäre problematisch. Will man eine Bankenabgabe einführen, muss verhindert werden, dass Banken zur Umgehung der Steuer z. B. über Auslandstöchter Kredite vergeben und Investitionen abwickeln", sagen die Notenbanker. Voraussetzung dafür wäre die Zugrundelegung der konsolidierten Bilanzen, die in den Augen der OeNB künftig nicht nur die ausländischen Banktöchter, sondern "für Steuerzwecke" auch deren Projektgesellschaften im Ausland umfassen sollen.

Für Diskussionsstoff ist gesorgt, die OeNB warnt bereits vor Vereinnahmung: Die Studie biete keine "erschöpfende Beantwortung aller offenen Fragen", zudem seien "steuerpolitische Maßnahmen eine politische Entscheidung, die nicht in den Zuständigkeitsbereich der OeNB fällt". (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.2.2010)