Foto: Güler Alkan

Fritz Endl erscheint knapp zum Termin, da er sich kurzfristig um eine seiner zwei Enkeltöchter kümmern musste. Großvater sein ist, neben seinem öffentlichen Engagement, das, was er am liebsten macht. "Wir müssen etwas für unsere Enkelkinder tun", sagt er mit aller Vehemenz. Schließlich fühle er sich als Großelternteil verpflichtet die Zukunft der Nachfolgegeneration zu sichern.

Jahrgang 1942

Der Vater war ein "deutschnationaler Mitläufer", die Familie zog nach dem Krieg aus der geräumigen Wohnung in Perchtoldsdorf in eines der typischen Wiener Zinshäuser mit vielen Zimmer-Küche-Kabinett-Wohnungen und wenig Platz um. Das Erbe, Sohn einer Nazi-Familie zu sein, empfindet Endl nicht als Last, sondern als Möglichkeit zu lernen, die Augen offen zu halten. Sich öffentlich zu engagieren, sieht er als Beitrag zu einer transparenten Gesellschaft und als Abwehr gegen autoritäre intransparente Machtstrukturen.

Ein subversiver Beamter

Nach dem plötzlichen Tod des jüngsten Sohnes war für den passionierten Lehrer nichts mehr wie vorher, sodass er berufsunfähig und schließlich frühpensioniert wurde. Er nennt sich "Grätzlaktivist mit gesichertem Grundeinkommen". Endl betont, dass ein gesicherter Lebensunterhalt heutzutage vielen Mitbürgern verwehrt bleibe, deswegen ist ihm soziale Verantwortung auch sehr wichtig. Immer noch fühlt er sich als öffentlich Bediensteter: "Ein gesellschaftskritisch subversiver Beamter", fügt er lächelnd hinzu.

Grätzlpolitik

Er bezeichnet sich zwar als "Rot-Grüner", unterstützt aber alle Parteien im Triesterviertel, auch die, denen er nicht nahe steht. Umgekehrt wird seine Bürgerinitiative nicht von allen Bezirksfraktionen unterstützt. Die Wut auf die "roten überheblichen Machtmenschen" teilt er mit den freiheitlichen Bezirksräten, obwohl er früher Parteimitglied bei den Sozialdemokraten war. Damals, "unter Kreisky in der liberalsten Zeit der SPÖ", haben ihn Werte wie soziale Gerechtigkeit angesprochen. Der heutigen SPÖ wirft er vor die eigene Klientel verraten zu haben und spricht von einer "Clique der obersten Politikerkaste", die zu abgehoben sei.

Grätzlaktivismus

Von der Wiener Stadtpolitik erwartet er sich mehr Unterstützung für zivilgesellschaftliche, überparteiliche Initiativen. So wurde ihm von der Bezirksvorstehung noch immer kein Gemeinschaftsraum zur Verfügung gestellt, der als Treffpunkt und Anlaufstelle für interessierte Bürger fungieren könnte. "Bürgerinitiativen benötigen transparente soziale Räume, wo man sich treffen und miteinander reden kann." Wobei die Möglichkeit solche Räume eigenverantwortlich zu organisieren, ohne Einflussnahme von parteinahen Funktionären, laut Endl das wichtigste Kriterium ist.

Das Triesterviertel ins Web bringen

Mittlerweile ist Fritz Endl auch virtueller Grätzlaktivist. Fast täglich wird gebloggt und getwittert, über Dorfwiki und Facebook ist das Triesterviertel auch online vertreten. Das Internet betrachtet Endl als gute Möglichkeit, um mit Menschen in Kontakt zu treten. Aber mit der praktischen Umsetzung habe das wenig zu tun, so Endl, denn erst durch konkrete Treffen werde miteinander geredet und geplant.

Nachbarschaft in der Großstadt

Sein Hauptziel als Initiator der "Mach Mit"-Plattform, ist sein Grätzl lebens-, und wohnwerter zu machen, beispielsweise durch die Schaffung von mehr Grünflächen und Kinderspielplätzen. Dabei fange alles im lokalen Bereich an: nachbarschaftlicher Zusammenhalt, das Miteinanderreden inklusive dem Ausdiskutieren von Problemen. Demokratie, sagt Fritz Endl abschließend, fängt in jedem (Zins)Haus an - durch offene respektvolle Auseinandersetzung mit den eigenen Nachbarn.