Sony stellte auf der US-Digitalfoto-Messe PMA 2010 ein kompaktes Kamerasystem mit Wechselobjektiven vor

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Am Anfang stand vor gut einem halben Jahr die Olympus Pen, offiziell EP1: eine kompakte Kamera mit Wechselobjektiv, deren Design an eine der erfolgreichsten Kameras der 60er-Jahre anschloss. Die Pen versuchte das Beste zweier Welten zu vereinen: der digitalen Spiegelreflexkamera (DSLR) mit den Vorzügen großer Bildsensoren, Wechselobjektiven und ihrer Funktionenvielfalt sowie der kleinen, kompakten, leicht mitzuführenden Digitalkameras.

"Spiegellose Spiegelreflexkameras"

Olympus verwendete dazu die Technik seines DSLR-System Four Third, nannte es Micro Four Third und holte Panasonic ins Boot, die seither ebenfalls "spiegellose Spiegelreflexkameras" produzieren, zuletzt die GF1. Olympus hat die Familie auf eine verbesserte Pen, EP2 sowie ein billigeres Einstiegsmodell EPL1 ausgeweitet. In Japan, sagt Olympus, soll der neue Kameratyp bereits 20 Prozent Marktanteil haben.

Da will Sony, das sich mit seinen Cybershot-Kompaktkameras sowie seiner Alpha-SLR nach Canon und Nikon zur Nummer drei am Fotomarkt hochgearbeitet hat, nicht abseits stehen. Bei der US-Messe für Digitalfotografie PMA 2010 stellte der für den Imaging-Bereich verantwortliche Sony-Vizepräsident Masashi Imamura jetzt Sonys Beitrag zu dem "Systemkameras" genannten neuen Segment vor - vorerst allerdings nur als Konzept.

"Ultrakompakte Kameras mit Wechselobjektiven"

"Die Leute wollen Fotos mit Wow-Faktor machen, aber es fehlt ihnen dazu die nötige Technik, und über Spiegelreflexkameras trauen sie sich nicht drüber" , sieht Imamura Nachfrage für ein Kamerasegment zwischen Cybershot und Alpha. "Ultrakompakte Kameras mit Wechselobjektiven" nennt Sony dieses Segment, für das ein 24 x 16 mm großer Bildsensor (das APS-Format) verwendet werden soll. Sensorgröße ist eine der Hauptkriterien für Bildqualität: Je größer der Sensor, desto weniger kommen dichtgepackte Pixel einander in die Quere und verursachen Bildrauschen.

Noch hat Sonys jüngstes Kind, an dessen Zeugung offenbar seit über einem Jahr konzernintern gebastelt wird, keinen Namen, es wird aber wahrscheinlich der Alpha-Serie angehören. Eine Reihe neuer Objektive "wird das Potenzial der neuen Kamera ausschöpfen" , die 2010 auf den Markt kommen soll. Ob es für Objektive der Alpha-Serie Adapter geben wird, wollte Imamura auf die Frage des Standard nicht sagen. Sony wird damit auch erstmals Full-HD-Video auf eine Kamera mit Wechselobjektiv bringen.

Konkurrenten

Sonys Systemkamera wird jedenfalls in einem rasch wachsenden Feld an Konkurrenten antreten. Von Panasonic wird nach der GF1 eine GF2 erwartet, und Olympus-Geschäftsführer Imaging Systems Jörgen Nimphy stellt weitere Pen-Modelle in Aussicht. Neben dem Sony-Stand auf der PMA präsentiert Samsung seine Version der Systemkamera, die NX10, die im März auf den Markt kommen soll und die äußerlich wie eine geschrumpfte DSLR aussieht, innerlich jedoch einen großen Sensor (APS-C) aufweist.

Die Liebe für "Systeme"

Auch von Nikon und Canon wird ein Eintritt in die neue Disziplin erwartet. Denn mit den Systemkameras "werden die Karten neu gemischt" , sagt Nimphy: Seit Jahren teilen sich Canon und Nikon rund 85 Prozent des DSLR-Marktes, eine scheinbar uneinnehmbare Bastion der beiden Platzhirsche. Der Markt für den neuen Kameratyp könnte jedoch wesentlich größer als der für Spiegelreflex sein, glauben viele in der Branche. Preislich sind diese Kameras zwischen rund 500 und 1000 Euro angesiedelt - mit fast unendlichen Möglichkeiten des Ausbaus mit Objektiven und Zubehör: Darum lieben auch Hersteller "Systeme" . (Helmut Spudich aus Los Angeles, DER STANDARD Printausgabe, 23. 02. 2010)