Es ist nicht ermutigend, wenn man von einem hohen politischen Funktionsträger sagen muss: Entweder weiß er nicht, worüber er redet; oder er weiß es nur zu genau und liefert eine zynische Verdrehung eines Sachverhaltes ab.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf sagte über den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, Mitglied einer rechtsextremen schlagenden Burschenschaft: "Wir wollen keinen politischen Willkürakt, wo jemand abgewählt wird, nur weil einem das Gesicht nicht gefällt." Das ist komisch, denn die Vorschläge von Kopf über die Abwahlmöglichkeit von Mitgliedern des Nationalrats waren als Signal interpretiert worden, die ÖVP würde nun doch eine Abwahl von Graf wegen seiner Zugehörigkeit zu einer rechtsextremen Vereinigung ermöglichen wollen. Alle Freunde der liberalen Demokratie in diesem Land, in dem angeblich ein "antifaschistischer Konsens" herrscht, haben nichts gegen das Gesicht von Graf.

Aber ein Politiker, der immer noch einem Deutschnationalismus und völkischem Ressentiment anhängt, der in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts so viel Unheil angerichtet hat; der absolut nichts gelernt hat aus der Zerstörung von demokratischen Werten und Humanität durch Burschenschafter - der hat an der Spitze eines Parlaments nichts verloren.

Welches Gesicht er dabei macht, ist egal. Es geht um den unerträglichen Inhalt hinter der Maske. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2010)