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Die Novelle des Familienrechts werfe noch mehr neue Fragen auf, kritisiert eine Rechtsexpertin

Foto: APA/Patrick Pleul, Montage: derStandard.at

Wien - Mit 1. Jänner ist die Novelle des Familienrechts in Kraft getreten. Dadurch ändern sich Bereiche des Scheidungsrechts. "Die Novelle ist nicht so ein großer Wurf wie ursprünglich geplant", sagte Scheidungsanwältin Ursula Xell-Skreiner bei der Präsentation eines Trennungsratgebers. Verbesserungsbedarf erkennt sie bei dem Umgang mit geschiedenen Vätern, die zwar von dem Gesetz her gleichgestellt sind, aber in der Praxis werde "in 99,9 Prozent der Fälle der Mutter Vorrang eingeräumt." Ihr missfalle vor allem die Haltung der Jugendämter.

Xell-Skreiner kritisiert: "Es kann auf Seiten der Mutter Vernachlässigung oder sogar Drogensucht vorliegen, trotzdem wird ihr die Stange gehalten." Manchmal sei sie "verzweifelt" bei der rechtlichen Vertretung von Vätern. Die Mitautorin Astrid Deixler-Hübner von der Universität Linz schloß sich der Kritik an, ortet aber minimale Verbesserungen im Bereich Patchworkfamilien. Insgesamt gebe es jedoch nun mehr offene Fragen als vor der Novelle. Die Chance, etwas Neues zu schaffen und nicht "von vergilbtem Recht abzukupfern" sei nicht genutzt worden.

Vermögensaufteilung

Vor allem bei der Vermögensaufteilung im Scheidungsfall sei die Rechtslage zuvor klarer gewesen. Die neuen Regelungen seien unnötig kompliziert und schwammig formuliert worden. Zwar haben Ehegatten mehr Privatautonomie: Vorwegvereinbarungen binden grundsätzlich die Parteien und das Gericht. In bestimmten Fällen können jedoch existierende Eheverträge nun wieder aufgeweicht werden, was eine Verschlechterung für den finanziell Stärkeren darstelle, erklärte Xell-Skreiner.

Aktivisten nach "Mafia-Paragraf" angeklagt

Eine Gruppe von Aktivisten, die sich für Väter in Sorgerechtsverfahren engagiert, wurde nun nach dem sogenannten "Mafia-Paragraf" angezeigt. Es wird ihnen vorgeworfen, einer terroristischen Vereinigung anzugehören (Paragraf 278b). Gegen die Männer wird vor allem wegen aggressiver Postings gegen Beamte ermittelt.

FPÖ-Abgeordneter Norbert Hofer kündigte in einer Reaktion an, sich aus Solidarität mit den Aktivisten selbst anzuzeigen. Er wolle damit auch in der Praxis eine gemeinsame Obsorge durchsetzen und eine Reparatur des Paragraf 278b bewirken. Dieser wurde auch auf die angeklagten Tierschützer angewendet, deren Prozess kommende Woche startet. 

Ratgeber

Der Ratgeber "Scheidung kompakt" erscheint bereits in der dritten Auflage und ist auf dem neuesten Stand der Gesetzeslage. Er informiert über die Scheidung und ihre Folgen wie Ehegatten- und Kindesunterhalt, Obsorge- und Besuchsrecht, Aufteilung des Ehevermögens, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Folgen. Die Themen Eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare und der Entwurf zum Kinderbeistand wurden neu eingearbeitet. (Julia Schilly, derStandard.at, 25.2.2010)