Die Alltagssorgen der Grätzel-Bewohner werden in einer zugespitzten und manchmal mehr als fragwürdigen Art und Weise dargestellt

Foto: Vindobona

Die auf zehn Episoden angelegte Satire, ist rund um den Hannoveranermarkt, also in unmittelbarer Nähe des neuen Vindobona-Hauses, angesiedelt und behandelt mal mehr, mal weniger feinfühlig Themen, die Wiens Migranten täglich beschäftigen. Die Alltagssorgen der Grätzel-Bewohner werden in einer zugespitzten und manchmal mehr als fragwürdigen Art und Weise dargestellt, wobei ein jeder am Ende sein Fett weg bekommt.

Neue Heimat

Am Beginn der Serie steht Aline, Österreicherin aus gutem Hause, die aus ihrem wohlbehüteten Döblinger Zuhause direkt in die Multikulti-Oase Jägerstraße zieht. Hier findet sie neben schwulen Türken, glücksspielsüchtigen Serben auch noch einige herzeigbare „proletarische" österreichische Vorzeigeexemplare. In der zweiten Folge, die gerade im Kabarett Vindobona läuft, schlägt sich der türkische Gemüsehändler Herr Serduk mit rassistischen Wienern herum, während seine Mutter in ihrer Freizeit schon mal Exhibitionisten in der Straßenbahn in die Flucht schlägt und nebenbei auch noch für ihren Staatsbürgerschaftstest in der SPÖ Brigittenau lernt. Der Roma Dušan hat neben einem Hang zur Spielsucht auch noch ein recht freies Verständnis von ehelicher Treue und wird von seiner Frau auch gleich im Puff erwischt. Die brave Aline findet mit fortlaufender Handlung immer mehr Gefallen an ihrer neuen Heimat, während ihr Bruder seine homosexuellen Bedürfnisse dem türkischen Bauarbeiter im Puff mitteilt.

Angriff auf die Spielregeln der Gesellschaft

An die Grenze der Geschmacklosigkeit streift "Jägerstraße" nur selten, dann aber richtig. Da wird der orthodoxe Jude im Puff plötzlich auch mal zum chauvinistischen Spaßvogel. Manche der präsentierten Scherze sind auch schon ein wenig trivial und abgenutzt und entlocken dem aufgeklärten Zuschauer kaum mehr als einen müden Lacher.

Dass "Jägerstrasse" im Großen und Ganzen dennoch funktioniert, liegt wohl daran, dass das tatsächliche Leben in vielen migrantischen Grätzeln Wiens nicht weit weg von der Vorstellung von Regisseurs Johannes Glück liegt. Obwohl die Figuren klar überzeichnet sind, erkennt der Besucher vielleicht den einen oder anderen Charakter aus seiner näheren Umgebung. Auffallend ist aber, dass alle Charaktere mit Migrationhintergrund in "Jägerstrasse" den klassischen Klischeebild vom ungebildeten ausländischen Bauarbeiter oder Gemüsehändler entsprechen. Alle di sich nicht daran stören, werde auch mit der zweiten Folge (Sterben gratis) ihre Freude haben.

Die Satire "Jägerstrasse", ist wohl so etwas wie das migrantische Kaisermühlen Blues oder das, was "Mitten im Achten" hätte werden können, wenn der ORF einen Szenenwechsel in die Brigittenau vorgezogen hätte.