Wien - Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) ortet einen eklatanten Mangel bei der Versorgung mit Schulärzten: Derzeit kümmern sich rund 2.500 Mediziner an den 6.500 heimischen Schulen um rund 1,2 Millionen Kinder, erklärte ÖAK-Präsident Walter Dorner bei einer Pressekonferenz in Wien. "Unsere Gesellschaft würde gut daran tun, viel, viel mehr Wert daraufzulegen, dass jede Schule einen Arzt hat." Notwendig wäre eine Aufstockung des Personals auf mindestens 4.000 Personen.

Schulärzte seien in den vergangenen Jahren als erste Anlaufstelle für die Kinder immer wichtiger geworden, betonte er. Neben den vorgesehenen Untersuchungen seien sie der Ansprechpartner für sexuelle Fragen und verschiedene Probleme bei Ernährung, Sport oder auch Mobbing. Gemäß einer aktuellen Umfrage unter Schulärzten bemerkten 70 Prozent in den vergangenen Jahren einen gestiegenen Bedarf an psychosozialer Betreuung, so die ÖÄK.

Unbürokratische Hilfe

Nur bei Schulärzten könnten sich Kinder unbürokratisch, ohne E-Card und dem Wissen ihrer Eltern Hilfe holen, betonte Dorner. Besonders wichtig sei die medizinische Versorgung für Kinder aus ärmeren oder Migranten-Familien, die abseits von Bildungseinrichtungen manchmal gar keine ärztliche Betreuung bekommen würden.

Schulärzte würden als generelle Gesundheitsinteressensvertreter agieren und dabei mittlerweile auch für arbeitsmedizinische Aspekte sowie Vermittlungen zwischen Schülern, Lehrern und Eltern zur Verfügung stehen. Laut Dorner ist angesichts der neuen Anforderungen und der Wichtigkeit der Schulmediziner eine Aufstockung notwendig. Im Moment stünde an einer Pflichtschule für 100 Kinder pro Woche nur eine Schularztstunde zur Verfügung, kritisierte er. Vielerorts gebe es neben der vorgeschriebenen jährlichen Schularztuntersuchung keinerlei Sprechstunden. Aus Kostengründen würden dabei nach wie vor Regelungen wie Sieben-Minuten-Begrenzungen pro Person existieren.

Zuständigkeit und Finanzierung

Ein Problem sei die zersplitterte Zuständigkeit und Finanzierung, da Länder und Gemeinden bei Pflichtschulen individuell entscheiden würden, wie viel Geld in Schulärzte investiert werde, meinte Dorner. Am besten versorgt seien derzeit höhere Schulen für die der Bund zuständig sei. Dort bekämen die Mediziner eine Anstellung und pro 60 Schüler eine wöchentliche Betreuungsstunde bezahlt.

Alle Schüler sollten von der Volksschule an auf diese Weise versorgt werden, forderte der ÖAK-Präsident. Beim Schuleintritt sollte eine Untersuchung außerdem obligatorisch sein. Wichtig seien diese Maßnahmen auch im Hinblick auf Österreichs schlechtes Abschneiden bei der jüngsten internationalen Jugend-Gesundheitsstudie. Aus diesem Grund wäre auch eine bessere Einbindung der Mediziner in den Schulalltag sowie den Unterricht bei Ernährungs- und Bewegungsfragen notwendig.

Weitere Forderungen der ÖÄK betreffen eine modernisierte, anonyme Dokumentation für gesundheitspolitische Maßnahmen sowie eine Einbindung der Schulärzte bei Themen wie Hygiene, Schulbuffet und Gestaltung der Klassenräume und Sitzplätze. (APA)