Die GAJ will zwar keine Wahlempfehlung abgeben, setzt aber in der Zeit des Wahlkampfs Aktionen.

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Dezember 2007: Ein Flaggerl, ein Gaggerl und viel Aufregung.

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1998 präsentierte die GAJ ihre Kandidatin für das Präsidentenamt.

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"Nimm dein Flaggerl für dein Gaggerl" und "Wer Österreich liebt, muss scheiße sein". Diese beiden Sätze auf einem Plakat der Grünalternativen Jugend (GAJ) sorgten vor zwei Jahren für Aufregung. Die GAJ Wien wollte eine Debatte über Nationalismus lostreten. Die FPÖ bezeichnete sie daraufhin als "Tarnorganisation von heimatverachtenden Kommunisten" und ein Zeitungskommentator nannte die GAJ "bockige Jungspunde". Das Plakat wurde aus der Parteizentrale entfernt.

In der Zwischenzeit haben die Wiener Grünen der GAJ offenbar verziehen. Im Wahlkampf vor der Gemeinderatswahl, die im Oktober stattfindet, wird die GAJ nämlich mitmischen und die Grünen unterstützen. Unter dem Motto "Don't panik - get active" (sic!) ist eine Broschüre geplant. "Zielgruppe sind alle Wiener Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 20", erklärt Fabian Richter, Aktivist bei der GAJ Wien. Aus Angst vor Rechtsextremen verrät er seinen richtigen Namen nicht. Die Broschüre soll kurze Texte beinhalten, in denen linke Positionen erklärt werden, sagt er. Schwerpunktthemen werden dabei Feminismus und Rassismus, aber auch Anti-Nationationalismus und Ökologie sein. "Wir wollen die Jugendlichen ermuntern, Position zu beziehen", erklärt Richter. Ziel sei es in erster Linie aber nicht, Wahlwerbung für die Grünen zu machen. Die GAJ will generell Interesse wecken.

"Rassistischer Wahlkampf"

Als unmittelbare Reaktion auf die Strache-Comics will Richter das Projekt nicht sehen, aber er befürchtet "einen rassistischen Wahlkampf". Deshalb habe man es für sinnvoll gehalten, "dass wir unsere linken Positionen auch einmal zugänglich machen". Im Juni soll es außerdem ein Fest mit Band-Auftritten geben.

"Wir freuen uns über die Unterstützung", sagt Robert Korbei, Landesgeschäftsführer der Wiener Grünen, im Gespräch mit derStandard.at zur GAJ-Beteiligung am Wahlkampf. Die Partei sei eingebunden und wisse "natürlich" von den Plänen der Parteijugend. "Wir haben keine Direktive ausgegeben", aber man gebe Feedback.

Seitenhiebe auf die Partei

Das Verhältnis zur Mutterpartei war - auch abseits der Flaggerl-Gaggerl-Geschichte - nicht immer rosig. Gegen die Parteispitze gab es oft Seitenhiebe. Zum Beispiel 2002, als die GAJ den Parlamentsklub der Grünen aus Protest gegen die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP besetzte. Oder 2006, als das Bild eines erhängten Alexander Van der Bellen umgegangen sein soll. Es ist kein Geheimnis, dass der ehemalige Grünen-Chef von solchen Aktionen nicht begeistert war.

Aufmerksamkeit erlangte die Jugendorganisation 1998, als sie gegen den Beschluss der Bundespartei ankündigte, eine eigene Kandidatin für die Bundespräsidentschaftswahl aufzustellen. Die Überraschung war groß, als zwei Wochen später Pippi Langstrumpf als Kandidatin präsentiert wurde mit den Worten: "Pippi steht für ein selbstbestimmtes Leben und Ablehnung von Autorität."

"Man muss ihnen den Spielraum geben"

Albert Steinhauser war in den 1990er-Jahren - vor der Pippi-Langstrumpf-Aktion - Sprecher der GAJ. Heute sitzt der 38-Jährige als grüner Justizsprecher im Nationalrat. "Die GAJ war nie eine klassische Vorfeldorganisation", sagt er im Gespräch mit derStandard.at, "ihr ist Autonomie und Eigenständigkeit wichtig". Steinhauser ist der Meinung, man brauche keine Jugendorganisation, die dann das macht, "was die Altvorderen sagen". Deswegen müsse es die Partei "aushalten, dass die Jungen eine kritische Meinung kund tun. Man muss ihnen den Spielraum geben."

Er glaubt aber, dass das nicht alle in der Partei so sehen: "Viele irritiert das Verhalten der GAJ". Für die Parteispitze sei es nicht immer "lustig" zu erklären, was die Jungen machen.

Keine "offizielle" Mitgliedschaften

Darüber, wie viele Jugendliche sich in der GAJ engagieren, gibt es keine Aufzeichnungen. Zu den Treffen in Wien kommen monatlich circa 15 Personen. Die Organisation ist dezentral aufgebaut, es gibt weder "offizielle" Mitgliedschaften noch Mitgliedsbeiträge. Die verschiedenen GAJ-Teilorganisationen in den Bundesländern sind zwar von den jeweiligen Landesparteien finanziell abhängig, dürfen aber tun und lassen, was sie wollen.

Die Jugendsprecherin der Grünen im Parlament Tanja Windbüchler-Souschill steht vereinzelt in Kontakt mit den GAJs in den Bundesländern. Sie hält die GAJ gerade in der Antirassismusarbeit für einen "großartigen Partner", wie sie zu derStandard.at sagt. "Was ich nicht goutiere ist, wenn es heftig wird", übt sie aber auch Kritik und spricht die erwähnte Van der Bellen Diffamierung an.

"Schwierigkeiten bei Systemkritik"

Generell findet sie aber, dass es kaum Themen gibt, wo die Meinungen bei Grünen und GAJ nicht deckungsgleich sind. Deshalb glaubt sie auch nicht, dass die Wiener Kollegen zurückschrecken sollten, wenn es um eine Beteiligung der GAJ beim Wahlkampf geht. Nur in einem Punkt ist sich Windbüchler-Souschill nicht sicher, ob im Wahlkampf alles reibungslos funktionieren wird: "Schwierigkeiten könnte es bei genereller Systemkritik an der Partei geben." Also daran, wie sich die Partei aufstellt.

Robert Korbei, der Landesgeschäftsführer der Wiener Grünen, gibt sich dennoch unbeeindruckt. "Diese Frage verstehe ich nicht", sagt er auf die Frage, ob die GAJ nicht zu unberechenbar für den Grünen-Wahlkampf sein könnte. Die GAJ habe schon viele Aktionen durchgeführt. Das Gaggerl-Flaggerl sei "nicht nach unserem Geschmack" gewesen, aber mehr Kritikpunkte nennt er nicht. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 10.3.2010)