Wien - Bei Bekanntwerden von Missbrauchsfällen gibt es in der römisch-katholischen Kirche eine Meldepflicht. Diese ist kirchenrechtlich verankert. Besonders schwerwiegende Fällen werden der Glaubenskongregation in Rom gemeldet und dort verhandelt. Dabei kann sogar die Verjährungsfrist aufgehoben werden. Lückenlos ist die Meldepflicht allerdings nicht - nämlich wenn das Beichtgeheimnis dadurch verletzt würde.

Verdachtsfälle müssten gemeldet werden

Das Vorgehen bei Bekanntwerden von Missbrauchsfällen ist im Behelf für Mitarbeiter der Erzdiözese Wien erklärt. Verdachtsfälle sollen demnach entweder bei der Ombudsstelle, dem unmittelbaren dienstlichen Vorgesetzten oder dem erzbischöflichen Ordinariat (Generalvikar oder Kanzler) gemeldet werden. Bis zur Klärung des Sachverhalts kann der Generalvikar aus eigener Entscheidung oder über Antrag der betroffenen Person eine Dienstfreistellung verfügen.

Ombudsstelle prüft

Nach der Meldung folgt die Prüfung, ob tatsächlich ein Fall von sexuellem Missbrauch vorliegt. Hat das Opfer selbst die Meldung eingebracht, kümmert sich darum die Ombudsstelle. In anderen Fällen wird vom Generalvikar eine Prüfung durch "geeignete Personen" veranlasst. Das können etwa der Bischofsvikar, ein Dechant oder das Personalreferat sein. Die Erkenntnisse werden schließlich an den Generalvikar übermittelt, der dann wiederum den unmittelbaren Dienstvorgesetzten des mutmaßlichen Täters sowie die Ombudsstelle informiert.

Diözesanbischof und Generalvikar treffen Vorgehensweise

Der Diözesanbischof und der Generalvikar treffen nach Vorlage der Prüfungsergebnisse die Entscheidung über die weitere Vorgehensweise. Dazu können sie die Kommission je nach Sachlage zu weiteren Recherchen beauftragen oder Handlungsempfehlungen abgeben. Je nach Schwere des Vergehens kann der Täter etwa in seinen Handlungsbereichen eingeschränkt werden, also Aufgaben als Betreuer von Jugendlichen oder in der Seelsorge verlieren und in die Administration versetzt werden.

Schwere Fälle werden in Rom gemeldet

Besonders schwerwiegende Fälle werden der Glaubenskongregation in Rom gemeldet. Dies geschieht ab dem Zeitpunkt, zu dem der Geistliche aufgrund einer Verdachtslage freigestellt worden ist. Ein solches Tribunal kann sogar - sollte sich der Verdacht bestätigen - die Verjährungsfrist aufheben. Als schwerwiegendste Konsequenz kann Rom schließlich die Rückstufung des Täters auf den Laienstatus bewirken.

Täter kann nur ermutigt werden, sich selbst zu stellen

Die Meldepflicht in der römisch-katholischen Kirche hat allerdings auch Lücken. Gibt etwa ein Priester seine Tat im Beichtgespräch mit einem anderen Geistlichen zu, hat dies aufgrund des einzuhaltenden Beichtgeheimnis keine Konsequenzen. Der mutmaßliche Täter kann höchstens ermutigt werden, sich selbst zu stellen. Wie auch im strafrechtlichen Sinn gilt auch auf kirchenrechtlicher Ebene die Unschuldsvermutung.(APA)