
Erschienen bei Arthaus / Kinowelt Region 2
"Ich weiß etwas, was du nicht weißt." Vollmer (Adrian Hoven), wissenschaftlicher Leiter von "Simulacrum", einem Projekt, das die Erschaffung einer virtuellen Parallelwelt verfolgt, hat eine erschreckende Entdeckung gemacht. Er wirkt verwirrt und ängstlich. Wenig später ist er tot, und es bleibt unklar, ob es sich um Fremdverschulden handelt oder nicht.
"Welt am Draht" entwickelt aus dieser Ausgangssituation das paranoide Szenario einer Verschwörung, vor der jede Vorstellungskraft versagt. Nachdem seltsame Vorkommnisse wie das plötzliche Verschwinden eines Vertrauensmannes oder die markanten Erinnerungslücken eines Polizisten seinen Verdacht erregen, bringt Vollmers Nachfolger Stiller (Klaus Löwitsch) den Stein ins Rollen: Trotz mehrerer Warnungen hört er nicht auf nachzufragen, seine Kopfschmerzen nehmen zu, seltsame Ellipsen treten auf, sogar Gegenstände beginnen zu rebellieren.
Der deutsche Ausnahmefilmemacher Rainer Werner Fassbinder hat "Welt am Draht" (nach einem Roman des US-Amerikaners David F. Galouye) 1973 im Auftrag des WDR als Zweiteiler realisiert - eine in vieler Hinsicht höchst bemerkenswerte Arbeit auf dem in Deutschland zu dieser Zeit völlig ungenützten Feld der Science-Fiction. In modernistischen Dekors und Innenräumen, die eine kühle, verspiegelte Welt von automatisierten Menschen begrenzen, entwirft er ein dystopisches Zerrbild des Nachkriegsstaats, der auf den Bürger mit neuartigen Kontrollmethoden zugreift.
"Welt am Draht", über die Jahre zum Geheimtipp geworden, wurde unlängst digital restauriert und auf der Berlinale mit großem Echo präsentiert. Nun ist der Zweiteiler als schöne Sammler-DVD erschienen, mit Extras wie einer Doku, in der Kameramann Michael Ballhaus und andere Mitglieder der Fassbinder-Familie Auskunft über ihre Arbeit geben. (Dominik Kamalzadeh/ DER STANDARD, Printausgabe, 12.3.2010)