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Sit in im Senat: Mandatare von Antonio DiPietros Partei Italien der Werte protestierten gegen das Gesetz.

Foto: APA/EPA/di Meo

Unter lautstarken Protesten genehmigte der Senat Mittwochabend ein Gesetz, das den italienischen Premier und seine Minister zur Ausübung ihrer Amtsgeschäfte für eineinhalb Jahre vor gerichtlicher Verfolgung schützt. Damit werden die gegen Silvio Berlusconi laufenden Gerichtsverfahren bis Herbst 2011 ausgesetzt. Dank Verjährungsfrist ist eine rechtskräftige Verurteilung des Premiers damit faktisch unmöglich.

Die Mailänder Staatsanwaltschaft will das umstrittene Gesetz nun vor dem Verfassungsgericht anfechten. Um die zahlreichen Abänderungsanträge der Opposition zu umgehen, stellte die Regierung im Senat die Vertrauensfrage - zum 31. Mal in weniger als zwei Jahren. Protestaktionen und Sprechchöre begleiteten die Abstimmung, die Senatoren der Opposition hielten demonstrativ die Verfassung in die Höhe.

Doch nicht nur die neue Lex Berlusconi erhitzt die Gemüter. Mit Blick auf die bevorstehenden Regionalwahlen wird der Ton der politischen Konfrontation täglich rauer. Berlusconi beschuldigte die zuständigen Richter, die Einreichung der Listen seiner Partei PDL bewusst verhindert zu haben. Gleichzeitig bestritt er jeden Fehler bei der Hinterlegung der Listen und kündigte für 20. März eine Großkundgebung "gegen die Gefährdung der Demokratie" an. "Die Ablehnung unseres Einspruches durch das Verwaltungsgericht ist in jeder Hinsicht ungerechtfertigt" , versicherte Berlusconi auf einer Pressekonferenz, bei der Verteidigungsminister Ignazio La Russa einen lästigen Journalisten an der Jacke packte und aus dem Saal zerrte.

Unterdessen hat der Oberste Richterrat Ministerpräsident Berlusconi aufgefordert, die tägliche Verunglimpfung der italienischen Justiz einzustellen: "Es ist empörend, dass der Regierungschef als Träger eines hohen Staatsamtes Richter und Staatsanwälte ständig verleumdet und einschüchtert" , heißt es in der Stellungnahme. Dieses Verhalten gefährde die Demokratie und die Gewaltenteilung im Staat.

"Gespenstische Situation"

Der Partito Democratico hat am Samstag in Rom zu einer Großkundgebung aufgerufen. Am Freitag wird das Land durch einen Generalstreik lahmgelegt. Die Vorsitzende des Industriellenverbands, Emma Marcegaglia, sprach von einer "gespenstischen Situation" und ging mit dem Dauergezänk der Parteien hart ins Gericht: "Seit Wochen beherrscht das Listenchaos die politische Diskussion. Wenige Tage vor der Wahl hören wir kein Wort über Programme, Krise, Beschäftigungspolitik und Arbeitslosigkeit. Wir fordern die Politik auf, sich endlich auf jene Probleme zu konzentrieren, die für die Bewohner des Landes wichtig sind." (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 12.3.2010)