Washington - In seinem Jahresbericht zum Stand der Menschenrechte weltweit hat sich das US-Außenministerium "zunehmend besorgt" über die Diskriminierung von Muslimen und den aktuellen Antisemitismus in Europa gezeigt. Als Beispiel für "Diskriminierung und Schikanen" führte der am Donnerstag in Washington vorgelegte Bericht das Minarettverbot in der Schweiz an. Die Kritik an Israels Politik gehe mit wachsendem Antisemitismus einher, hieß es weiter.

Gerade in Ländern mit "traditionell hohem Respekt für Menschenrechte" seien im vergangenen Jahr vermehrt Fälle von Benachteiligungen "verwundbarer Minderheiten" registriert worden, schreiben die Experten. Zu dem im November per Volksabstimmung angenommenen Minarettverbot zitierte der Bericht Schweizer Politiker, die das Verbot als Verstoß gegen die Verfassung und internationale Verpflichtungen der Eidgenossenschaft kritisierten.

Soziale Spannungen

Der im vergangenen Jahr verzeichnete Anstieg von Diskriminierungen betreffe Muslime ganz allgemein in europäischen Ländern, zudem Roma in Ländern wie Italien, Tschechien oder Rumänien und jüdische Minderheiten in Europa und Südamerika. Als einen der Gründe nannte der Bericht wirtschaftliche Probleme, welche soziale Spannungen verschärften.

Antisemitismus

Der Antisemitismus habe im vergangenen Jahr - vor allem seit Israels Invasion im Gazastreifen im Winter 2008/2009 - "weiter zugenommen", heißt es in dem Bericht. Die "neue Form" des Antisemitismus komme oft unter dem Deckmantel der Kritik an Israels Politik oder am Zionismus daher, "überschreitet dabei aber die Linie zur Dämonisierung aller Juden". Dies manifestiere sich in körperlichen Angriffe auf Juden, Friedhofsschändungen und Beschwerden über ungebührlichen Einfluss von Juden in Politik und Medien.

Für Deutschland stellte das State Department einen generellen Respekt für die Menschenrechte fest, allerdings gebe es "staatliche und gesellschaftliche Diskriminierung einiger Minderheitengruppen". Ausländerfeindlichkeit sei in Deutschland ein verbreitetes Phänomen, urteilten die US-Experten: "Schikanen einschließlich körperlicher Angriffe auf Ausländer und ethnische Minderheiten blieben im ganzen Land ein häufiges Problem." Auch der Antisemitismus in Deutschland gebe anhaltenden Grund zur Sorge. Von religiöser Diskriminierung betroffen seien in Deutschland vor allem Anhänger von Scientology.

Österreich

Das Österreich-Kapitel des Menschenrechtsberichts erwähnt die tödlichen Schüsse, die ein Polizist in Krems auf einen 14-jährigen Einbrecher abgab, die angeblichen Polizeiübergriffe gegen den Lehrer Mike B. und das besonders strenge österreichische Verleumdungsgesetz, das die Berichterstattung über Missstände erschwert.

Auch dass im Fall Ebensee, wo am 9. Mai jugendliche Neonazis Teilnehmer einer Gedenkveranstaltung angriffen, noch kein Gerichtsverfahren eröffnet wurde, wird kritisiert.

Kritik an Russland

Das europäische Land mit dem geringsten Respekt für Menschenrechte ist nach Einschätzung der US-Regierung weiterhin Belarus (Weißrussland), wo die Grundrechte deutlich eingeschränkt seien. In Russland habe die Regierung im vergangenen Jahr die Meinungsfreiheit und die Unabhängigkeit der Medien weiter beschränkt.

Besonders schlecht im weltweiten Vergleich sei die Lage der Menschenrechte im Iran, in China, in Nordkorea und in Kuba. Ausdrücklich kritisiert der Bericht auch den mangelnden Respekt für Menschenrechte bei US-Verbündeten wie Pakistan und Ägypten.

China weist Vorwürfe zurück

China hat den Menschenrechtsbericht wütend zurückgewiesen und seinerseits schwere Vorwürfe gegen Washington erhoben. Der chinesische Staatsrat warf Washington am Freitag vor, den Jahresbericht des US-Außenministeriums zum Stand der Menschenrechte weltweit als "politisches Instrument" zu nutzen, um sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.

Peking warf der US-Regierung vor, ihrerseits Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land zu ignorieren und zu verschleiern. So sei die Finanzkrise, laut Peking "eine große Katastrophe" für die Menschenrechte, durch das Platzen der Immobilienblase in den USA ausgelöst worden. Außerdem prangerte Peking Einschränkungen der Bürgerrechte nach den Anschlägen vom 11. September 2001, die wachsende Zahl der US-Bürger ohne Versicherungsschutz sowie Verletzungen der Rechte von Arbeitnehmern durch Lohnkürzungen und unbezahlte Überstunden an. (APA)