Die Wiener Sängerknaben werden die nun aufgetauchten Missbrauchsvorwürfe prüfen - und bitten die Betroffenen, sich zu melden. Vorerst seien konkrete Aussagen zu den Fällen noch nicht möglich, hieß es am Freitag. "Auch wenn wir uns daher nicht im Detail damit auseinandersetzen können, ist es uns dennoch bewusst, dass es in der Vergangenheit zu Fällen von Missbrauch gekommen sein kann", wurde betont.

Es sei in den letzten Wochen in sehr vielen Medien über verschiedenste Missbrauchsvorwürfe von ehemaligen Schülern an Instituten in Österreich und auch dem Ausland berichtet worden. "Ausgelöst durch dieses gesteigerte Interesse werden naturgemäß vermehrt Erinnerungen an eventuelle entsprechende Erlebnisse in der Kinder- und Jugendzeit wach", hieß es. Zu den Vorwürfen, die Jahrzehnte zurückliegen, könnten noch keine näheren Angaben gemacht werden.

"Mit uns in Verbindung setzen"

"Wir hoffen, dass sich allfällig betroffene Personen entweder direkt oder über eine Person ihres Vertrauens mit uns in Verbindung setzen", ersuchen die Sängerknaben die früheren Chormitglieder, die im "Standard" von sexuellen Übergriffen berichteten, um Mithilfe. Es müsse berücksichtigt werden, dass es sowohl in den 1960er als auch in den 1980er Jahren mehrere Kapellmeister und mehrere Präfekten gegeben habe. Die derzeit vorliegenden Angaben würden keine Zuordnung zu einem einzelnen Chor bzw. einer einzelnen Klasse ermöglichen.

Auf jeden Fall werden nun die alten Akten aus dem Archiv ausgehoben und nach möglichen relevanten Unterlagen geprüft. Sollten sich die Betroffenen melden, soll eruiert werden, welche Personen damals für diese Schüler zuständig waren bzw. um welche Tourneen es sich gehandelt hat.

"Können Vorfälle nicht ungeschehen machen"

"Wir können Vorfälle nicht ungeschehen machen", wird betont. Es wird jedoch auch auf aktuelle Maßnahmen verwiesen: Alle pädagogischen Vorgaben und Richtlinien der Wiener Sängerknaben würden laufend dem aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst, hieß es. Sämtliche mit der Betreuung der Kinder befassten Erzieher müssen laut Sängerknaben eine entsprechende (sozial-)pädagogische Ausbildung vorweisen, Supervision gehört zum "selbstverständlichen Angebot".

Die "breite aktive Kommunikation" aller Beteiligten - Eltern, Erzieher, Lehrer und Schüler - ermögliche zudem, sämtliche Anliegen offen zu besprechen. Außerdem werden die Schüler "präventiv bereits ab dem Volksschulalter altersgemäß über den sensiblen Themenbereich Sexualität und den richtigen Umgang damit informiert". Bei den "geringsten Verdachtsmomenten" auf sexuelle Annäherungen zwischen den Burschen werden zudem Fachleute - wie etwa der renommierte Kinderpsychiater Max Friedrich - konsultiert. (APA)