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Der Rote Mittwoch vor Nowruz im Jahr 2009: Eine junge Frau springt in Teheran durch das Feuer, ein altes vorislamisches Reinigungsritual zum Jahresende.

Foto: Reuters/Raheb Homavandi

Nächste Woche ist es wieder einmal so weit.

Teheran – Ein altes persisches Fest am letzten Mittwoch des Kalenderjahrs namens "Chaharshanbe-Suri" , drei Tage vor Beginn des persischen Neujahrsfests Nowruz, macht der Regierung der Islamischen Republik Iran seit Wochen mehr Sorgen als viele politische Auseinandersetzungen der letzten Monate. 31 Jahre nach der Islamischen Revolution und trotz aller Versuche des Regimes, dieses Fest aus dem Gedächtnis des Volkes zu tilgen, ist heute eine Renaissance des Roten Mittwochs (so die Übersetzung) zu beobachten. Die alten persischen Feste zu feiern ist ein immer stärker werdender Trend, sehr zum Ärger des konservativen Klerus und der Machthaber.

Trotz aller Warnungen seitens der Revolutionsgarden werden auf den Straßen Teherans und anderer Großstädte in der Nacht zum Mittwoch junge Menschen das zu Ende gehende Jahr mit Feuern verabschieden. Das ist eine vorislamische persische Tradition. Die Opposition macht seit Tagen Stimmung für einen friedlichen Verlauf und warnt die Jugendlichen davor, sich auf gewaltsame Auseinandersetzung mit Sicherheitsorganen einzulassen oder sie zu provozieren.

Widerstand in kleinen Zellen

Obwohl die großen Proteste zurzeit von der Straße verschwunden sind, setzen die Regierungsgegner, unabhängig von der politischen Führung ihrer Bewegung, ihren Widerstand fort. Kleine Zellen, die unabhängig voneinander agieren, koordinieren ihre Proteste via Internet und finden immer wieder Anlässe, ihre Unzufriedenheit kundzutun. Alte persische Traditionen werden als nationales Kulturgut ausnahmslos von allen Schichten der Bevölkerung geschätzt. Sie besonders zu betonen ärgert jedoch diese Regierung, die sich die islamischen Werte auf die Fahnen geheftet hat, offenbar mehr als so mancher offene Protest. Mit Spannung warten die Iraner und Iranerinnen deshalb auf den nächsten Mittwoch.

Um die wachsende Spannung etwas zu dämpfen, hat das Regime etliche Oppositionelle, die seit Monaten ohne Anklage und Verfahren in Haft waren, in den letzten Tagen auf Hafturlaub ins Nowruz-Fest geschickt. Aber parallel dazu wurden hauptsächlich Journalisten und Journalistinnen fast überall im Land ohne genauere Angabe von Gründen verhaftet oder gewarnt, sich politisch zu äußern. Die Liste der Medienleute, die im Gefängnis sitzen, wird immer länger.

Die konservativen Blätter hetzen eifrig gegen die Opposition, während die wenigen verbliebenen anderen wegen Kleinigkeiten verwarnt oder sogar geschlossen werden wie zuletzt Etemad und die Irandokht. Nur mehr politische Abstinenz sichert die Existenz der unabhängigen Zeitungen. Sie wollen nun freiwillig von 20. März bis 2. April in den Neujahrsferien ihr Erscheinen einstellen, eine indirekte Verbeugung vor der altpersischen Tradition des zweiwöchigen Feierns zu Beginn des neuen Jahres. (red, DER STANDARD, Printausgabe 13./14.3.2010)