Bild nicht mehr verfügbar.

Berge, Schnee und Dirndl - alpenländische Klischees als Touristenanreiz in Halle 17 der Berliner Urlaubsmesse.

Foto: Reuters/Tobias Schwarz

Liechtenstein hat so viele CDs mit Daten, dass das Fürstentum sie sogar verschenkt. Inhalt: Urlaubsideen - die auf der am Sonntag zu Ende gegangenen Tourismusbörse in Berlin präsentiert wurden.

***

Berlin - Die Fahrt mit dem Bus von Berlin-Mitte zur Messe im Westen der Stadt dauert länger als ein Fußmarsch durch die Schweiz, Liechtenstein, Österreich und Slowenien. "Das ist ein Ausnahmezustand - für uns hier genauso wie für die dort", sagt Nadine Röhls und deutet in Richtung Funkturm. Auf dem weitläufigen Gelände der Messe Berlin kann man leicht die Orientierung verlieren.

Mit "die dort" meint Röhls die Schweiz, Liechtenstein, Österreich und Slowenien. Die vier Länder demonstrieren ihre tatsächliche geografische Nähe auf der Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin auch faktisch. Die jeweiligen Tourismusorganisationen haben sich in der Halle 17 eingemietet, ein von außen unscheinbarer Zweckbau, der innen aber durchaus Sehnsucht nach Urlaub zu wecken vermag.

Röhls hat es von Wetzlar nach Berlin verschlagen. Die Geografiestudentin verkauft Eintrittskarten in die Welt des Urlaubs, verrät sie dem Standard während einer Rauchpause. 14 Euro kostet das Tagesticket für Normalsterbliche, etwas mehr für Fachbesucher. Eine Weltreise zum Preis eines Wiener Schnitzels.

In der Schweiz, die ihre Berge, Flüsse und Seenlandschaften mittels Hightech-Screens in die Halle holt, gibt es Emmentaler und Schokolade, am Österreich-Stand Melange, Kaiserschmarrn und andere Highlights aus dem Feinkostladen. Slowenien punktet mit Folklore. An Liechtenstein ist man vorbei, kaum dass man dort war. Der Stand ist keine zehn Quadratmeter groß. Kommen Österreicher vorbei, ist die Steuer-CD ein Running Gag. Die Liechtensteiner haben Humor. Sie verteilen frisch gepresste Silberscheiben. Darauf befinden sich aber keine Daten steuerflüchtiger Österreicher, sondern Infomaterial über das Fürstentum.

Humor hat auch Jürgen Priemer, seines Zeichens Flugkapitän. Das Haar schon etwas schütter, stützt er sich am nachgebauten Cockpit einer Boeing 777 ab. "Ich stehe hier von zehn bis 18 Uhr. Fliegen lass ich jetzt andere" , sagt Priemer, der für "Bär Flugsimulatorenvermietung" arbeitet. "Ich greife nur ein, wenn etwas unklar ist." Turkish Airlines hat das aus Buchholz bei Hamburg stammende Unternehmen für die Dauer der ITB verpflichtet. Als Partnerland der ITB okkupiert die Türkei eine Messehalle fast für sich. Der Boden ist fast zur Gänze mit weichem, sandfarbenem Teppich ausgelegt; es herrscht großes Gedränge. Wer sich bei Turkish Airlines als Pilot auf Zeit versuchen will, muss vorher an einer Lotterie teilnehmen.

Nadine Röhl hat inzwischen die Zigarette ausgedämpft und ist wieder an ihren Arbeitsplatz im Foyer zurückgekehrt. In Österreich war sie noch nie, auch nicht auf dem Messestand. "Zwischen Arbeit und Studium bleibt wenig Zeit" , sagt sie bedauernd. "Aber so ein Wiener Schnitzel wäre super. Vielleicht schaff ich das noch heuer. Zum Österreicher-Stand ist es ja nicht so weit." (Günther Strobl aus Berlin, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.03.2010)