Michael Bedner, Theresa Fürlinger und Michaela Jancsy sind drei von ungefähr 35 Mitgliedern der Einkaufsgemeinschaft "Bioparadeis" in Wien-Alsergrund.

Foto: Maria Kapeller

Länger haltbare Produkte wie Geteide oder Kartoffeln werden im angemieteten Laden aufbewahrt, Frischware wie Milch oder Käse wöchentlich bei Biobauern bestellt und abgeholt.

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Michaela Jancsy beim Äpfel-Abwiegen: Jedes Mitglied soll mitarbeiten, um den Einkaufsbetrieb am Laufen zu halten.

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Die rote Eisentür quietscht beim Öffnen, ein paar Stufen führen hinunter in einen Kellerraum. Links der Stiege ein Regal mit weißen Kübeln, auf die jemand Wörter wie "Leinsamen", "Braunhirse" und "Buchweizen" geschrieben hat. Hinter der Theke eine Getreidemühle, in einem Eck eine Waage für Äpfel und Kartoffeln, auf den restlichen Regalen stehen Flaschen mit Apfelsaft, Honig und Marmelade.

Ein Laden, aber kein Geschäft

Das "Bioparadeis" ist ein Laden, aber kein Geschäft. Der Unterschied: Hier sind die KonsumentInnen gleichzeitig VerkäuferInnen und MitarbeiterInnen. Die Einkaufsgemeinschaft im 9. Wiener Gemeindebezirk wurde vor drei Jahren gegründet und hat rund 35 Mitglieder. Zweck ist es, gemeinschaftlich direkt bei ProduzentInnen in Wien und Niederösterreich einzukaufen und damit die Anonymität zwischen ErzeugerInnen und VerbraucherInnen aufzuheben. Biologischer Anbau, saisonale Produkte, kurze Transportwege und die Vermeidung von unnötiger Verpackung sind weitere Ambitionen.

Gemeinschaftseinkauf per Fahrrad

"Um bei uns einzukaufen muss man Mitglied werden und sich einbringen", erklärt die 27-jährige Studentin Michaela Jancsy. Der monatliche Beitrag sei zwar "frei wählbar", sollte aber zwischen fünf und zehn Euro liegen, um die Miet- und Betriebskosten abzudecken. Das Team, das zu einem größeren Teil aus StudentInnen besteht, aber nicht darauf reduziert werden möchte, organisiert sich in verschiedenen Arbeitskreisen. Für die Bestellung der Produkte gibt es Listen mit den Waren und Namen der Bauern, die der Vertriebsgemeinschaft "Alles vom Bauernhof" angehören. "Das frische Gemüse bestellen wir zum Beispiel am Dienstagabend und am Donnerstag holt es jemand von uns mit dem Rad oder Bus ab", sagt die 26-jährige Theresa Fürlinger.

Die Preise der ProduzentenInnen werden ohne Aufschlag direkt an die VerbraucherInnen weitergegeben. Einzige Ausnahme sind lagernde Produkte wie Getreide, Säfte oder Zwiebeln, weil dort ein Schwund möglich ist. Zusätzlich kann jedeR Selbstproduziertes wie Marmelade oder Brot zum Verkauf anbieten.

"Bioware verkommt zur Massenware"

Für viele Mitglieder ist einer der Gründe für das Engagement die Kritik an der gängigen Lebensmittelproduktion und dem vorherrschenden Handelssystem. Die Beweggründe seien aber individuell, jeder könne nur für sich sprechen. "Ich wollte nicht mehr in den Supermarkt gehen, weil das Bio dort nicht mehr das ist, was ich mir vorstelle", sagt Michaela. "Die Bioware verkommt dort zur Massenware, man hat keinen Bezug zu den Produkten." Geografiestudent Michael pflichtet ihr bei: "Die Bioprodukte in den Geschäften werden oft von Großbauern produziert, das Bio dabei braucht man nur für‘s Zertifikat."

Eine Food-Coop in jedem Bezirk

Als Obergrenze für die Mitgliederanzahl hat man sich übrigens 60 gesetzt. "Weil es sonst unpersönlich wird, die Leute nicht mehr so eingebunden sind und die Kapazitäten gesprengt würden", sagt Michaela. Wer eigene Einkaufsgemeinschaften gründen wolle, könne aber auf jeden Fall mit Unterstützung rechnen. Derzeit gibt es in Wien neben dem Bioparadeis eine zweite Lebensmittelkooperative im 14. Bezirk, im 8. Bezirk ist eine im Entstehen. Michaela: "Die Idealvorstellung ist, dass es irgendwann in jedem Bezirk eine Food-Coop gibt." (Maria Kapeller, derStandard.at)