In Kärnten brennt im Juni 2008 ein Asylheim. Kein Fluchtweg, verschlossene Türen, kein Feuerlöscher, die Fenster im Erdgeschoss vergittert. Die Asylwerber springen in Panik aus den Fenstern der höher gelegenen Stockwerke. Ein vierfacher Familienvater - ein Afrikaner - kommt dabei zu Tode. 19 Asylwerber überleben - mitunter schwer verletzt. Die Polizei verpfuscht (oder vertuscht) die Ermittlungen. Für den Chef des Kärntner Landeskriminalamts Herbert Klammer steht ohnehin im vorhinein fest, bei wem die Schuld für das Feuer zu suchen ist. Nicht etwa bei dem Heimbetreiber Dieter R., dem die Staatsanwaltschaft jetzt vorwirft, das Gebäude brandschutztechnisch nicht geeignet ausgestattet zu haben. Oder beim obersten Kärntner Flüchtlingsbeauftragten Gernot Steiner, dem vorgeworfen wird, die feuerpolizeilichen Vorschriften nicht umgesetzt zu haben. Nein, eine Zigarette eines Asylwerbers habe zum Brand geführt. Die Frage, ob nun Inkompetenz oder Ignoranz der Grund für diese vorschnelle Vermutung war, sei dahingestellt. Tatsächlich widerlegt ein Gutachten in aller Deutlichkeit die Zigarettenhypothese. Ein Brandsachverständiger findet später Schüttspuren von Brandbeschleunigern.

Nächste Runde

Jetzt, da der Prozess gegen den Heimleiter und den Flüchtlingsbeauftragen begonnen hat, geht die Schuldzuschieberei in die nächste Runde. Ernst Maiditsch, der Anwalt des Heimleiters geht davon aus, dass Brandschutzeinrichtungen wie Fluchtwege den Tod des Mannes und die Verletzungen der anderen Asylwerber ohnehin nicht verhindert hätten. (Da sie nicht vorhanden waren, werden wir das aber nie erfahren) Denn Afrikaner hätten ein anderes „Sprungverhalten" als Europäer. Sie zieht es, wie der "kreative" Jurist annimmt, im Brandfall scheinbar magisch in Fensternähe. Jene Asylwerber hätte ohnehin nichts vom Fenstersprung aus siebeneinhalb Meter Höhe abzuhalten vermocht. Ob sie sich der Flucht durch eine unversperrte Tür verweigert hätten? Ob sich Europäer seelenruhig in eine Ecke gesetzt und auf den Tod gewartet hätten?

"Aufgrund des Kulturkreises"

Maiditsch glaubt die Antwort zu wissen: Man müsse nun durch ein „ethnologisches Gutachten" klären, ob Afrikaner überhaupt in der Lage seien, Brandschutzeinrichtungen als solche zu erkennen und sie zu benutzen, „oder ob sie aufgrund des Kulturkreises, aus dem sie kommen, nicht in der Lage dazu sind und einfach springen". Eine hässliche, menschenverachtende und rassistische Argumentation. Schlimm genug, dass die einzige Fluchtmöglichkeit für die Asylwerber, die Flucht durchs Fenster war. Jedoch den Toten dafür zu verhöhnen, dass er sie wahrgenommen und verunglückte, ist unmenschlich. Afrikanern nun pauschal noch die Fähigkeit absprechen zu wollen Fluchtwege zu gebrauchen ist widerlich, rassistisch und verrückt. Leider überrascht es nicht.

In Österreich werden Asylwerber oft wie Menschen „zweiter Klasse" behandelt, und als "Menschen dritter Klasse", wenn sie noch dazu Afrikaner sind. Dass der Anwalt schlau genug war, das Wort Rasse durch "Kultur" zu ersetzen, macht es keinesfalls weniger rassistisch. (derStandard.at, 25.3.2010)