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Lieber in Venezuela bei Chávez als zu Hause mit Putin: Weißrusslands Präsident Lukaschenko.

Foto: REUTERS/Miraflores Palace/Handout

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko hat dem russischen Premierminister Wladimir Putin die kalte Schulter gezeigt. Anstatt den mächtigsten Mann Russlands in Minsk zu empfangen, ist Lukaschenko demonstrativ nach Lateinamerika gereist. Dort verhandelte er mit einem der engsten Verbündeten Moskaus, dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, Öllieferungen für Weißrussland aus.

Das Verhältnis zwischen Weißrussland und Russland ist seit Längerem angespannt, da sich Lukaschenko die Tür nach Europa offenhalten will und Russland immer öfter vor den Kopf stößt. Erst im Jänner eskalierte ein Streit um russische Öllieferungen. Weißrussland, das seit 1. Jänner mit Russland und Kasachstan eine Zollunion bildet, fordert, dass die russischen Öllieferungen zollfrei erfolgen. Russland besteht jedoch darauf, dass nur das Öl, das Weißrussland selbst verbraucht, zollfrei geliefert wird.

Putin machte bei seinem Besuch in Brest klar, dass Weißrussland von Russland abhängig sei. Mit billigen Energielieferungen würde Russland den einstigen Bruderstaat mit mehr als vier Milliarden US-Dollar jährlich subventionieren. „Wir gehen davon aus, dass diese Investitionen gerechtfertigt sind, wenn man das Potenzial für eine weitere Integration beachtet", sagte Putin.

Einheitswährung angedacht

Der russische Premier stellte auch klar, wie er sich die weitere Integration vorstellt. Weißrussland soll einem gemeinsamen Wirtschaftsraum mit einer Einheitswährung beitreten. Wenn sich Weißrussland dieser Wirtschaftszone anschließe, würden alle Abgaben abgeschafft, versuchte Putin seinen weißrussischen Amtskollegen Sergej Sidorski zu locken.

„Wenn es nicht gelingt, sich mit Russland zu einigen, dann muss man andere Varianten suchen", sagte Sergej Mussijenko, Mitglied der weißrussischen Präsidialadministration. Diese Alternative hat Lukaschenko nun in Venezuela gefunden. Chávez hat dem weißrussischen Präsidenten versprochen, ab Mai 80.000 Tonnen Öl täglich zu liefern. Laut dem weißrussischen Politologen Jurij Schewzow entspreche das in etwa den vier Millionen Tonnen Öl jährlich, über die Minsk mit Moskau streitet.

Lukaschenko hat wenig Spielraum. Weißrussland liefert fast die Hälfte seiner Waren nach Russland. Ein Drittel der Exporte entfallen auf Erdölprodukte. (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Printausgabe, 18.3.2010)