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In Ländern wie Äthiopien werden von ausländischen Investoren großflächig Nahrungsmittel angebaut, während die Versorgung der lokalen Bevölkerung bei weitem nicht gesichert ist.

Foto: Reuters/Sigheti

Infografik: Fokus Landnahme - verschärfter Kampf um Ressourcen

Grafik: STANDARD

Die einen nennen es eine neokoloniale Landnahme, die anderen sprechen von wichtigen Investitionen. Die Rede ist vom sogenannten "land grabbing". So wird der Vorgang bezeichnet, bei dem sich staatliche Akteure und private Investoren aus Industrie- und Schwellenländern mithilfe langfristiger Kauf- und Pachtverträge große Mengen an fruchtbarem Boden aneignen.

Laut Experten hat sich dieser Prozess vor allem durch die Nahrungsmittelkrise 2008 verschärft. Laut Schätzungen der Uno wurden in den letzten zwei Jahren 20 Millionen Hektar afrikanischen Bodens verpachtet oder verkauft, dies entspricht einem Wert von etwa 22 Milliarden Euro.

Keine verlässlichen Daten

Genaue Angaben über das Ausmaß des Landraffens gibt es nicht. Zum Teil liegen unterschiedliche Angaben vor, denn viele Verträge werden hinter verschlossenen Türen unterzeichnet. Primär sind Entwicklungsländer in Asien und Afrika von dieser friedlichen Landnahme betroffen. Die instabile politische Lage in diesen Ländern wird oft ausgenutzt.

Die Investoren kommen aus drei Bereichen. Zum einen sind es Länder wie China, die mit Landkauf die Ernährung der eigenen Bevölkerung sichern wollen, zum anderen sind es Länder aus dem arabischen Raum, die an Wasserrechten interessiert sind. Bei der dritten Gruppe handelt es sich um private Investoren aus Industriestaaten, die Pflanzen zur Energiegewinnung anbauen wollen. Oft sind sie auch an Profit durch Spekulationsgeschäfte interessiert. Befürworter des "land grabbing" , etwa die Weltbank, betonen den positiven Effekt von Investitionen. Sie weisen auch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und den Zugang zu Innovationen hin.

NGOs fordern klare Regeln

Kritiker sehen dies freilich anders. Sie warnen vor Landkonflikten, die etwa durch Umsiedelung oder gar Vertreibung der lokalen Bevölkerung entstehen können. Auch die Arbeitsplätze werden skeptisch beurteilt, da viele Investoren Arbeiter aus dem eigenen Land einsetzen. In vielen Staaten führt das Landraffen zu der bizarren Situation, dass großflächig Nahrungsmittel für den Export angebaut werden, während die örtliche Bevölkerung Hunger leidet.

Der Sudan hat laut Medienberichten 1,5 Millionen Hektar Ackerland für 99 Jahre verpachtet. Gleichzeitig sind mehr als fünf Millionen Sudanesen auf ausländische Hilfslieferungen angewiesen. Um das "land grabbing" gerecht zu gestalten, schlagen Experten verbindliche Richtlinien vor (siehe Grafik). Viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind jedoch skeptisch, dass dies ausreicht, und fordern daher klare rechtliche Grundlagen. (Andreas Cavar, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.3.2010)