
Betriebsames Kommen und Gehen herrschte am Freitag in der Kommunalkredit in Wien-Alsergrund: Die Bank wurde gefilzt.
Wien - Die Aktion war, wie in solchen Fällen üblich, streng geheim, die Überraschung gelungen. Freitag, 8.30 Uhr, marschierte der für die Causa Kommunalkredit zuständige Staatsanwalt, Christian Leiningen-Westerburg, in die Kommunalkredit in der Wiener Türkenstraße. Ausgestattet mit einem Hausdurchsuchungsbefehl, den er dem von der schockierten Rezeptionistin herbeigerufenen Bankchef, Alois Steinbichler, präsentierte. Der schluckte schwer, wahrte aber die Contenance: "Schaun wir uns das einmal an."
Konzertierter Aufmarsch
Geschaut wurde dann sehr genau. Ums Eck, am Platz vor dem Gymnasium Wasagasse, hatten nämlich fast 30 Kriminalisten und zwei Staatsanwältinnen auf ihren Einsatz in der staatlichen Bank gewartet. Aufgeteilt in sechs Gruppen durchkämmten sie die sechs Stockwerke, postierten Leute bei den Ausgängen. Was sie gemäß Durchsuchungsanordnung suchten: Geschäftsunterlagen, Protokolle, Prüfberichte, Reports vom Risikomanagement, Controlling, Revision; alles, was Geldflüsse zwischen der Bank und ihrer Zypern-Tochter und diversen Finanzierungsvehikeln belegen kann.
Der Grund für die Hausdurchsuchung, bei der jede Menge Unterlagen und Server beschlagnahmt, versiegelt und in einem Raum der Bank weggesperrt wurden: Die Kommunalkredit-Banker haben der Justiz zwar immer wieder Unterlagen übermittelt - aber zu einem Gutteil mit geschwärzten Textpassagen. Die Juristen der Kommunalkredit berufen sich auf das Bankgeheimnis; am Freitag zeigte man sich aber kooperativ.
Zur Erinnerung: Im November 2008 musste die Republik die Bank (gehörte der VolksbankenAG und der französischen Dexia) notverstaatlichen und Garantien übernehmen. Die Manager rund um Reinhard Platzer hatten das Kerngeschäft (langfristige Finanzierung der öffentlichen Hand) enorm ausgeweitet, in Zypern ein Riesenrad gedreht. Über die Kommunalkredit International wurden milliardenschwere Treasury-Deals (wie CDS) abgewickelt - die Krise brachte die zum Einsturz, der Bank ging binnen weniger Wochen das Geld aus. 2008 fuhr sie fast 2,7 Mrd. Euro Verlust ein.
Der Vorwurf, dem die Justiz in der Strafsache Kommunalkredit nach einer Anzeige (605 St 7/09) zunächst nachging: Die Verantwortlichen hätten ihre Sorgfaltspflichten außer Acht gelassen und fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit der Bank herbeigeführt.
In erster Linie geht es dabei eben um die Zypern-Geschäfte, laut Gerichtsakt hatten die ein Volumen von rund 16 Milliarden Euro, mehr als ein Drittel der Bilanzsumme der Bank. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Bilanzfälschung, Untreue und der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen.
Auch Bank ist beschuldigt
Beschuldigt sind 14 Manager: neben den Ex-Kommunalkreditchefs Platzer und Leopold Fischer auch Exvorstandsmitglied Claudia Schmied (heute Unterrichtsministerin), Exaufsichtsratsmitglieder wie Franz Pinkl (heute Hypo Alpe Adria), Wilfried Stadler und Volksbank-AG-Vorstand Wolfgang Perdich. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
Strafrechtlich verfolgt wird auch die Kommunalkredit selbst im Rahmen des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes. Sollte sich herausstellen, dass sich Manager und Mitarbeiter strafbar gemacht haben und die Gesellschaft ihre Aufsichtspflichten verletzt hat, wird die Bank zu einer Geldbuße verdonnert.
Die Exbankchefs Platzer und Fischer, die sich gegen ihren Rauswurf wehren und die Bank auf je rund drei Mio. Euro Abfertigung und Ähnliches klagten, haben übrigens ein Privatgutachten vorgelegt. Gutachter Thomas Keppert kommt darin zum Schluss, man könne den beiden aus den Deals keinen Vorwurf machen.(Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.3.2010)