Der Große Rote Fleck ist zwar der größte, aber nicht der einzige seiner Art: Da gibt es noch "Red Spot Jr." und einen 2008 erstmals beobachteten dritten, links über "Junior". Alle drei sind hier im Wärmebild bzw. in ihrem Farbenspiel zu sehen.

Foto: ESO/NASA/JPL/ESA/L. Fletcher

Heidelberg - Er ist - derzeit zumindest - eines der Wahrzeichen unseres Sonnensystems: Der "Große Rote Fleck" auf dem Jupiter, ein auf etwa 22 Grad südlicher Breite liegender, sich gegen den Uhrzeigersinn drehender Antizyklon, in dem sich bequem drei Erden nebeneinander platzieren ließen. Bemerkenswert ist aber nicht nur die Größe des mit minus 160 Grad Celsius vergleichsweise kalten Sturmgebiets, sondern auch seine Stabilität: Seit hunderten von Jahren ist der Fleck bekannt, und seit dem 19. Jahrhundert haben die Astronomen kontinuierlich verfolgt, wie er sich weiterentwickelt.

Neue Wärmebilder, die mit dem Very Large Telescope der ESO und mit anderen bodengebundenen Großteleskopen aufgenommen wurden, zeigen Wirbel warmer Gase und kältere Regionen inmitten des Großen Roten Flecks. Daraus konnte ein internationales Astronomenteam die erste "Wetterkarte" dieses gigantischen Sturms erstellen, aus der die Zusammenhänge von Temperatur, Wind, Druck und chemischer Zusammensetzung mit der Farbe des Flecks deutlich werden.

Komplexes Gebilde

"Dies ist der erste Blick ins Innere des größten Sturms im Sonnensystem", sagt Glenn Orton, der Leiter des Forscherteams, das die Beobachtungen durchführte. "Früher dachten wir, der Große Rote Fleck wäre ein Oval ohne großartige innere Struktur. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass es sich im Gegenteil um ein höchst komplexes Gebilde handelt."

Die Beobachtungen zeigten, dass diejenigen Gebiete des Großen Roten Flecks, die eine besonders intensive rötliche Färbung aufweisen, einer warmen Kernregion in einem ansonsten kalten Wirbelsturm entsprechen. Außerdem sind auf den Bildern dunkle Streifen in den Randgebieten des Sturms sichtbar, bei denen es sich um Gase handelt, die in tieferliegende Regionen der Planetenatmosphäre absinken. Die Wissenschafter können sich mit den neu gewonnenen Daten erstmals ein Bild von den großräumigen Gasbewegungen im bekanntesten Sturmsystem des Sonnensystems machen. Die Ergebnisse werden in der Fachzeitschrift "Icarus" veröffentlicht werden.

Gegenläufige Drehbewegungen

"Eines der spannendsten Ergebnisse ist, dass die Zentralregion des Flecks, die eine besonders intensive rot-orange Färbung aufweist, drei bis vier Grad wärmer ist als ihre Umgebung", sagt der Erstautor des Artikels, Leigh Fletcher. Das klingt nicht nach einem großen Temperaturunterschied, reicht aber aus, um die Drehrichtung des Sturms in einem kleinen Gebiet im Zentrum umzukehren. In anderen Regionen der Jupiteratmosphäre reicht ein solcher Temperaturunterschied aus, um die Windgeschwindigkeiten und Wolkenmuster in den verschiedenen Streifen und Regionen der Atmosphäre messbar abzuändern.

"Wir konnten mit diesen Beobachtungen zum ersten Mal einen direkten Zusammenhang zwischen den Umweltbedingungen - Temperatur, Wind, Druck und chemischer Zusammenhang - einerseits und der Färbung des Großen Roten Flecks andererseits nachweisen", so Fletcher. "Zwar kann derzeit noch niemand sagen, welche Chemikalien oder Vorgänge für die markante rote Farbe des Flecks verantwortlich sind. Aber wir wissen jetzt, dass sie mit Änderungen der Umweltbedingungen im Herzen des Sturms zusammenhängt." (red)