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Vatikan-Sprecher Federico Lombardi verlas die Botschaft

Foto: AP/Pier Paolo Cito

Rom/ Dublin/ Wien - Die Reaktionen auf den mit Spannung erwarteten Hirtenbrief des Papstes (siehe Zitate-Kasten) fielen sehr unterschiedlich aus. Während in kirchlichen Kreisen die Entschiedenheit, mit der Benedikt XVI. die Missbrauchsfälle in Irland und Fehler bei der Klärung verurteilte, gelobt wurde, zeigten sich Opfer und kirchenkritische Vertreter enttäuscht.

Dass der Papst kein Wort über Missbrauchsfälle außerhalb von Irland verlor, sorgte vor allem in Deutschland und in Österreich für Kritik. Doch Vatikan-Sprecher Federico Lombardi teilte bereits mit, dass der Papst "einen angemessenen Weg finden werde, um auch auf die deutsche Situation Bezug zu nehmen". Es ist zu erwarten, dass dabei auch Österreich behandelt wird.

Schweigegelübde als Missbrauchsopfer

Obwohl der Papst im Hirtenbrief Oberhäupter aufgerufen hat, über ihre Verantwortung nachzudenken, gab es zunächst keine Reaktion vom umstrittenen Oberhaupt der irischen katholischen Kirche, Kardinal Sean Brady. Wie berichtet, soll er als Priester in den 70er-Jahren dabei gewesen, als Missbrauchsopfer ein Schweigegelübde ablegen mussten.

"Das meiste, was in dem Brief steht, haben wir schon vorher gehört", sagte hingegen Missbrauchsopfer Andrew Madden, der sein Schicksal 1995 als Erster in Irland öffentlich gemacht und die Kirche geklagt hatte.

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn sieht im Hirtenbrief auch eine klare Maßgabe für Österreich. "Man spürt in diesem Brief, dass der Papst die Enttäuschung und auch den Zorn sehr wohl wahrgenommen hat - und es ist ihm klar, dass der nicht nur auf Irland beschränkt ist", so Schönborn.

Brisante BBC-Doku

Für neuerliche Aufregung sorgt die BBC-Doku Sex, Crimes and the Vatican aus dem Jahr 2006. Darin geht es um pädophile Kleriker im Vatikan und den Vorwurf, dass Joseph Ratzinger als früherer Chef der Glaubenskongregation Vorfälle mit Geheimhalteerlässen vertuscht haben soll. Der Vatikan wies die Vorwürfe damals zurück. Der Film hatte zuletzt vor drei Jahren nach der Ausstrahlung im italienischen Staatsfernsehen Rai großes Aufsehen erregt. Nun wurde die Doku des irischen Autors Colm O'Gorman, der als Kind selbst missbraucht worden ist, auf Internetforen ins Netz gestellt.

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, hat indes eingeräumt, dass in der katholischen Kirche Fälle sexuellen Missbrauchs verschleiert wurden. "Ja, das hat es bei uns gegeben. Seit Jahren jedoch steuern wir den entgegengesetzten Kurs", wird Zollitsch im Nachrichtenmagazin Fokus zitiert. (APA, dpa, simo, DER STANDARD Printausausgabe 22.3.2010)